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Großer Aktienrückkauf katapultiert Teamviewer aus Kurstal

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Ein großer Aktienrückkauf soll Teamviewer aus dem Kursloch holen. Foto: Teamviewer
Ein großer Aktienrückkauf soll Teamviewer aus dem Kursloch holen. Foto: Teamviewer

Teamviewer hat seinen Worten Taten folgen lassen und einen Aktienrückkauf angekündigt, der deutlich umfangreicher ausfällt als vom Markt erwartet. Zuvor hatte CFO Stefan Gaiser, der im August seinen Posten aufgibt, offen mit dem Gedanken gespielt, die Kapitalstruktur auf den Prüfstand zu stellen. Diese Ankündigung hatte vor einigen Wochen die Talfahrt der Aktie gestoppt – die konkreten Details sorgen heute für eine deutliche Kurswende.

Analysten, unter anderem von Goldman Sachs, überraschte das hohe Volumen: Bis zu 300 Millionen Euro wollen die Göppinger in das Programm stecken und damit knapp 10 Prozent des Grundkapitals zurückkaufen, das sind rund 20 Millionen Aktien. Bis Jahresende will Teamviewer den aus eigenen liquiden Mitteln finanzierten Rückkauf abgeschlossen haben. Die Aktien, so erklärt der Konzern, sollen größtenteils eingezogen werden. CEO Oliver Steil sieht das Rückkaufprogamm als „klaren Beleg für unser Vertrauen in die Unternehmensentwicklung und zugleich eine Möglichkeit, unsere Aktionäre stärker am Erfolg von Teamviewer zu beteiligen.“

Teamviewer schreibt bescheidene Börsenstory

An der Börse kam die News gut an: Die Aktie sprang um 16 Prozent auf Kurse weit über 15 Euro nach oben. Im Big Picture ist das zwar nur ein Etappensieg, denn von ihrem Allzeithoch bei 53 Euro im Sommer 2020 ist der Titel noch sehr weit entfernt. Aber der Kurssprung verleiht der zaghaften Erholung der vergangen Tage kräftig Rückenwind und hievt Teamviewer um fast 40 Prozent aus dem Rekordtief heraus, das Mitte Dezember bei 11 Euro markiert worden war. Gegenüber dem Allzeithoch bedeutete das eine Vernichtung von gut 7 Milliarden Euro an Marktkapitalisierung.

Dabei waren die Erwartungen des Kapitalmarkts an den Remote-Spezialisten hoch, als dieser im September 2019 den Gang auf Börsenparkett feierte. So gelang dem Softwarekonzern mit einem Emissionsvolumen von 2,2 Milliarden Euro der größte deutsche Tech-IPO seit dem Börsengang von Infineon vor nunmehr 22 Jahren. Getrieben wurde die Teamviewer-Aktie dann von der Corona-Pandemie, die über Nacht große Teile der deutschen Wirtschaft ins Home Office verbannte und die Nachfrage nach den Fernwartungs- und Videokonferenz-Softwares der Göppinger anheizte. Großaktionär Permira, der noch 18,6 Prozent hält, nutzte die Rekordjagd für diverse Paketverkäufe, mit denen der Finanzinvestor rund 5 Milliarden Euro erlöste.  

Mit der beginnenden Rückkehr in die Büro verlangsamte sich das Wachstum, und es folgten Gewinnwarnungen. Auch mit teuren Sponsorenverträgen strapazierte das Management die Loyalität der Teamviewer-Aktionäre stark. Für Werbeverträge mit dem englischen Fußballklub Manchester United und dem Formel 1-Team von Mercedes hatte Teamviewer im vergangenem Frühjahr seine Margenziele nachhaltig und deutlich gekappt, was die Aktie in einen Abwärtstrend schickte, von dem sich der Titel erst jetzt wieder zu erholen beginnt.

Börse entdeckt den Free Cashflow von Teamviewer

Möglich wurde der heute angekündigte große Aktienrückkauf dadurch, dass sich die Geschäfte trotz der Abschwächung viel besser entwickeln, als es die Stimmung gegenüber dem Unternehmen nahelegen würde: Gemäß der heute vorgelegten Zahlen wuchs der Umsatz 2021 um 10 Prozent auf 501 Millionen Euro, die Kennzahl der „Billings“, die Teamviewer lieber verwendet, um 19 Prozent auf 548 Millionen Euro. Trotz der teuren Werbeverträge ging das bereinigte Ebitda nur minimal auf 257 Millionen Euro zurück, der Free Cashflow sank lediglich um 5 Prozent auf 158 Millionen Euro. Für das laufende Jahr erwartet Teamviewer ein zweistelliges Erlöswachstum und eine stabile bis leicht sinkende Marge.

Infolge des starken Cashflows sank die Nettofinanzverschuldung von 1,7 auf 1,3x Ebitda. Als neuen Zielwert hat das Management 1,5x Ebitda festgelegt, was bedeutet, dass der komplette freie Cashflow dieses Jahres in Aktienrückkäufe fließen kann. Dies erklärt das hohe Volumen von bis zu 300 Millionen Euro.

Selbst nach der heutige Kursexplosion beträgt die Free-Cashflow-Rendite der Teamviewer-Aktie über 5 Prozent – ein hoher Wert für ein zweistellig wachsendes Softwareunternehmen ohne nennenswerte Investitionserfordernisse.

melanie.ehmann[at]finance-magazin.de

Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.