Der Mini-Bond-Emittent MBB Clean Energy ist pleite. Na und, wen juckt’s? Finanziell wahrscheinlich nicht viele. Die Firma hat nur eine Handvoll Mitarbeiter, auch die Anzahl der Bondinvestoren ist überschaubar. Zwar weiß kein Mensch, wie viel genau der Cleantech-Investor bei seiner dreisten Bondemission im Frühjahr 2013 platziert hat, die Schätzungen reichen von 8 bis 80 Millionen Euro. Die Wahrheit liegt aber wahrscheinlich am unteren Rand. Die Anwälte, die bei den Anlegern jetzt für Mandate im Insolvenzverfahren die Werbetrommel schlagen, können getrost Einzelgespräche anbieten, die Nachfrage wird das zulassen.
Trotzdem ist die Pleite für den Markt für Mittelstandsanleihen ein Grund zum Innehalten, denn MBB Clean Energy ist die dubioseste Affäre, die den Markt bislang erschüttert hat: MBB Clean Energy hat kein einziges Mal seine Zinsen bezahlt, angekündigte Investments wurden nie abgeschlossen, irgendwann hieß es dann, die Globalurkunde sei ungültig. Das alte Management war undurchsichtig, böse Gerüchte von einer Balkan-Connection machten die Runde und verschwanden dann wieder – so wie die Gelder, die das Unternehmen bei der Bondemission eingesammelt hat. Im Vergleich zu dem, was bei MBB Clean Energy abging, hat die griechische Regierung ihren Laden fest im Griff.
Der Skandal bei MBB Clean Energy muss ein Einzelfall bleiben
Das Insolvenzverfahren bietet jetzt die große Chance, die Geschehnisse bei MBB Clean Energy aufzuarbeiten. Es wäre spannend zu erfahren, was der Insolvenzverwalter Klaus E. Breithaupt entdeckt, wenn er die verschiedenen Steine umdreht. Unsere Vermutung: leider nicht mehr viel. Denn nicht nur in Ost-Berlin weiß man, wie man rechtzeitig Klarschiff macht, wenn Unheil heraufzieht. Und eins war die alte Führung von MBB Clean Energy sicher nicht: unerfahren und naiv.
Aber gerade weil der Sumpf so tief zu sein scheint, sollten gleich mehrere Marktteilnehmer ein großes Interesse daran haben, dass der Fall MBB Clean Energy vernünftig aufgearbeitet wird – allen voran die Deutsche Börse und die Gruppe der Emissionsbegleiter. Denn nur dann besteht Hoffnung, dass der Skandal ein Einzelfall am deutschen Kapitalmarkt bleibt.
Was ist mit den Spacs, Rocket Internet & Co.?
Natürlich geht es auch hier wieder um Haftungsfragen, die Transparenzvorschriften und die Due Diligence der Kapitalmarktkandidaten durch Ratingagenturen und Emissionsbegleiter. Ja, man kann es nicht mehr hören, es nervt. Aber dass es das tut, zeigt, dass all diese Themen nach wie vor nicht hinreichend adressiert sind.
Weniger komplex ist eine andere Konsequenz: Investoren und Emissionsbegleiter sollten auch darüber nachdenken, was für Lehren aus dem Fall MBB Clean Energy für Anleihedeals mit anderen Projektgesellschaftenzu ziehen sind. Denn die Affäre ist auch deshalb so groß, weil die Anleger bei MBB nur in ein Versprechen und einen Businessplan investiert haben, Assets gab es keine. Die Firma war eine Art Investmentfonds, der versprach, mit dem Geld vom Kapitalmarkt ein Portfolio von Wind- und Solarparks aufzubauen. Das gilt auch für diverse Immobiliengesellschaften, die Mittelstandsanleihen begeben haben. Eine damit zumindest vergleichbare Firma – Golden Gate – hat interessanterweise eine ähnlich dubiose Pleite hingelegt wie MBB Clean Energy.
Die Thematik stellt sich nicht nur für Mittelstandsanleihen. Streng genommen fällt auch der Investment Case Rocket Internet in diese Kategorie, ebenso die gestern live geschaltete Neuemission German Startups. Diese beiden Venture-Holdings sind natürlich weit davon entfernt, solche Angriffspunkte zu bieten wie MBB. Zumindest haben beziehungsweise hatten beide beim Börsengang schon einige Investments und ein Management, das man am Kapitalmarkt kennt. Aber auch diese beiden Unternehmen sind von außen kaum zu bewerten, und auch sie haben ihre Heimat im schwach regulierten Entry Standard.
Und man darf auch nicht die drei „Spacs“ vergessen, die vor einigen Jahren in Deutschland die Börse heimsuchten. Der Spac „Germany 1“ versenkte sein Geld bei AEG Power Solutions, „European CleanTech 1“ bei Electrawinds und „Helikos“ zu weiten Teilen in dem Hightech-Unternehmen Exceet.
Dass eine gute Börsenlage solche Transaktionen anlockt, lehrt die Erfahrung. Die Kapitalmarktplayer sollten deshalb jetzt echt gut aufpassen, denn mit dem Kapitalmarktzugang für Mittelständler ist es immer so eine Sache. MBB Clean Energy war ein Schuss vor den Bug. Beim nächsten Treffer könnte es heißen: Versenkt.
Info
Was bei MBB Clean Energy alles vorgefallen ist, lesen Sie auf unserer FINANCE-Themenseite MBB Clean Energy.