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Finanzlage von Leoni bleibt angespannt

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Schlechter Jahresstart für Leoni: Der Zulieferer hat einen immensen Schuldenberg, dieses Jahr muss der Staatskredit refinanziert werden und nach dem Verkauf der Kabelsparte bleibt nur ein cashflow-armer Geschäftsbereich. Foto: Leoni
Schlechter Jahresstart für Leoni: Der Zulieferer hat einen immensen Schuldenberg, dieses Jahr muss der Staatskredit refinanziert werden und nach dem Verkauf der Kabelsparte bleibt nur ein cashflow-armer Geschäftsbereich. Foto: Leoni

Leoni startet mit Ballast ins neue Jahr: Der Automobilzulieferer muss dieses Jahr dringend sein Schuldenproblem lösen. Darauf weisen am heutigen Montag explizit die Analysten von Warburg Research hin.

Das ist die Ausgangslage: Obwohl das Unternehmen schon lange darbt, hat sich die Situation in den ersten drei Quartalen 2021 weiter verschlechtert. Der Schuldenberg (Nettofinanzschulden) wuchs zum Ende des dritten Quartals auf 1,67 Milliarden Euro, im Vergleich zu rund 1,5 Milliarden Euro zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Grund dafür: ein negativer Free Cashflow und die daraus resultierende zusätzliche Inanspruchnahme von revolvierenden Kreditlinien.

Die Liquidität sank zum Ende des dritten Quartals von 422 Millionen (Ende 2020) auf 262 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote reduzierte sich von 10,2 auf 7,2 Prozent. Die in einigen Wochen anstehenden Zahlen für das vierte Quartal dürften bei den Investoren und Gläubigern auf großes Interesse stoßen. 

M&A soll Leonis Schuldenberg senken

Was die Lage brenzlig macht, ist der wachsende Zeitdruck:  Leoni muss Ende dieses Jahres einen Staatskredit von 330 Millionen Euro refinanzieren.  

Abhilfe soll M&A schaffen. 2019 gab Leoni bekannt, seine Kabelsparte „Wire & Cable Solutions“ (WCS) verkaufen zu wollen. Insgesamt warf der SDax-Konzern nach einem gescheiterten Gesamtverkauf sechs Sparten auf den Markt. Doch die Fortschritte sind mühsam: Im März 2021 hatte sich Leoni erstmals von zwei Einheiten, Leoni Schweiz und Leoni Kerpen, getrennt. Im Herbst vergangenen Jahres fand der Konzern dann einen Käufer für den Bereich Industrial Solutions, den größten Geschäftsbereich der Kabelsparte. Für 450 Millionen Euro inklusive Schulden soll das Geschäft an den US-Konkurrenten Bizlink gehen. Nach Abzug von Finanzverbindlichkeiten und Pensionslasten rechnen die Nürnberger mit einem Mittelzufluss von mehr als 300 Millionen Euro. Außerdem erzeuge der Deal einen Gewinn von 200 Millionen Euro, der das Eigenkapital stärken soll. Das Closing soll Anfang dieses Jahres erfolgen.

Doch danach rückt schon der nächste wichtige Deal ins Blickfeld: Nach dem Verkauf an Bizlink steht hauptsächlich noch die Business Group Automotive Cable Solutions zum Verkauf. Warburg schätzt den Umsatz dieses Bereichs für dieses Jahr auf 1,42 Milliarden Euro, das Ebit auf 92 Millionen Euro. Da das Autokabelgeschäft eher zyklisch ist und der Umsatz aktuell durch den hohen Kupferpreis künstlich in die Höhe getrieben wird, geht das Research-Haus davon aus, dass Leoni für dieses Geschäft nicht mehr als 700 bis 900 Millionen Euro erhalten könnte, ein Ebit-Multiple von 8 bis 10x.

Verkauf der Kabelsparte rettet Leoni nur zum Teil

Die gute Nachricht: Gelänge ein Verkauf zu diesen nicht gerade anspruchslosen Konditionen, könnte die Nettoverschuldung inklusive der Pensionsverpflichtungen (132 Millionen Euro) auf 500 bis 700 Millionen Euro sinken. Angesichts eines Ebitdas von 300 bis 400 Millionen Euro, das Analysten Leoni in der aktuellen Form zutrauen, wäre diese Verschuldung tragbar.

Doch die Rechnung hat zwei Schwachpunkte: Zum einen schiebt Leoni außerhalb der Bilanz auch noch Factoring-Verbindlichkeiten vor sich her, deren Ausmaß Warburg auf 435 Millionen Euro schätzt. Zum anderen stellt sich die Frage, ob die verbleibenden Geschäfte stark genug wären, um diese Verschuldung auf Dauer finanzieren und schließlich auch abtragen zu können.

Gelänge der Abverkauf der Kabelsparte in Einzelteilen, müsste die Finanzierung danach das Geschäft mit Bordnetzsystemen allein schultern – ein sehr volatiles Geschäft, das derzeit nur ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaftet.

Leoni müsste schnell belegen, dass sich dieser Bereich zu einem stabilen Ertragsbringer transformieren ließe, schließlich lauern hinter dem anstehenden Staatskredit noch größere Kredite, die bald darauf fällig werden: Eine revolvierende Kreditlinie (RCF) über 750 Millionen Euro läuft bis Ende 2023, Schuldscheine in Höhe von 400 Millionen Euro werden zwischen 2022 und 2028 fällig. Zudem verlässt CFO Ingrid Jägering den Konzern spätestens am Jahresende. Ob sie ihrem Nachfolger in Sachen Finanzierung ein bestelltes Feld hinterlassen kann, ist zweifelhaft. 2022 wird ein anstrengendes Jahr für Leoni.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.