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Erwin-Hymer-CFO Stefan Junker kündigt Schuldschein-Debüt an

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Stefan Junker will mit dem Wohnwagenbauer Erwin Hymer zu Beginn 2018 den Schuldscheinmarkt anzapfen. In den vergangenen Monaten hat er die Finanzierung der Baden-Württemberger neu aufgestellt.
Erwin Hymer Group

Seit wenigen Wochen ist Stefan Junker der neue Finanzchef des Reise- und Wohnmobilkonzerns Erwin Hymer. Während andere CFOs die ersten 100 Tage vor allem dafür nutzen, sich einen Überblick zu verschaffen, hat Junker bereits die Finanzierung der Baden-Württemberger auf neue Beine gestellt. „Wir haben vor wenigen Tagen einen neuen Konsortialkredit verhandelt“, erzählt der CFO im Gespräch mit FINANCE.

Die neuen syndizierten Linien sind deutlich schlanker gestaltet, so dass die Erwin Hymer Group schneller und flexibler auf das Geld zugreifen kann. „Wir haben jetzt nur noch einen finanziellen Covenant für die Verschuldung. Die Klausel für das Eigenkapital ist entfallen.“

CFO Junker bereitet Hymer auf Schuldschein-Debüt vor

Der neue Kredit ist auf fünf Jahre angelegt mit zweimaliger Option zur einjährigen Verlängerung. Das Volumen liege im dreistelligen Millionenbereich, sagt CFO Junker. Zum Zinskupon macht er keine Angaben. Erwin Hymer werde bei den sechs kreditgebenden Banken mit Investmentgrade bewertet.

Neben dem neuen Konsortialkredit will der neue Finanzchef des Konzerns noch ein weiteres Instrument dem Finanzierungsmix hinzufügen. „Wir haben alle Vorbereitungen für einen Schuldschein abgeschlossen“, sagt der Finanzchef. Es wäre der erste der Unternehmensgeschichte.

Mit der Vermarktung will der Wohnmobilbauer zu Beginn des kommenden Jahres starten, so dass das Papier Ende Februar platziert werden dürfte. Die Erwin-Hymer-Gruppe will so vor allem langfristiges Geld mit Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren aufnehmen. Das Volumen will der CFO nicht nennen, da dies bei der Vermarktung nachteilig sein könne.

Die Erwin-Hymer-Gruppe will mit dem Schuldschein langfristiges Geld mit Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren aufnehmen.

Erwin-Hymer-Gruppe kauft Roadtrek

Die neue Finanzierungsstruktur von Erwin Hymer soll als Grundlage für künftige Großprojekte dienen. Denn der Wohnmobilbauer hat ambitionierte Pläne, verzeichnete im Geschäftsjahr 2016/2017 ein Umsatzwachstum von über 30 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Der Zuwachs ist unter anderem durch internationale M&A-Deals getrieben. „Wir sind der einzige Wohnwagenhersteller, der global aufgestellt ist“, erklärt CFO Stefan Junker. Die Konkurrenz sei entweder in Nordamerika, Europa oder Asien aktiv. „Aber keiner außer uns ist in allen Märkten präsent.“

So kaufte der Wohnwagenkonzern im vergangenen Jahr den kanadischen Konkurrenten Roadtrek und verschaffte sich so Zugriff auf den nordamerikanischen Markt. In Großbritannien hat die Erwin Hymer Group The Explorer Group gekauft, „um uns auf den Brexit vorzubereiten“, wie CFO Junker sagt.

Hinzu kommt, dass die Erwin Hymer Group ein Auge auf Asien geworfen hat – speziell auf Japan, Südkorea und China. Hier sieht das Unternehmen weitere Chancen für Wachstum.

Ein Eintritt in den chinesischen Markt ist durch Übernahmen schwierig, weshalb die Erwin Hymer Group dort ein Joint Venture mit einem chinesischen Partner aufbauen will. „Als Caravanhersteller dürfen wir in China keine 100-prozentige Tochter haben. Daher müssen wir ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, was aber in der Regel kein Problem ist“, erklärt er.

Beim Joint Venture kann Junker auf Erfahrungen aus seiner Karriere zurückgreifen: Er war in den Neunzigerjahren für den familiengeführten Autozulieferer Leopold Kostal zweieinhalb Jahre in Fernost, um ein solches Gemeinschaftsunternehmen aufzubauen.

CFO Junker: „Transfer Pricing wird immer wichtiger“

Durch das Globalisierungsbestreben der Erwin-Hymer-Gruppe ergeben sich für die Finanzabteilung zahlreiche Herausforderungen. So muss der Konzern die wichtigsten Währungen absichern, um etwaige Turbulenzen auszugleichen. „Wir hedgen US-Dollar im dreistelligen Millionenbereich und britische Pfund im zweistelligen Millionenbereich“, gewährt Junker einen Einblick.

Von Währungsschwankungen sei die Erwin Hymer Group jedoch nicht allzu sehr betroffen. „Wir produzieren grundsätzlich dort, wo wir unsere Wohnmobile verkaufen, und betreiben dadurch ein Natural Hedging. Wir haben fast nur Translationsrisiken, was lediglich bilanziell und nicht operativ ein Problem darstellt.“

Risiken liegen für den Konzern aufgrund der internationalen Aufstellung vor allem bei den Verrechnungspreisen („Transfer Pricing“), die Autokonzernen regelmäßig Strafzahlungen bescheren. „Transfer Pricing wird immer wichtiger“, sagt auch Junker. „Mittlerweile sind konzerninterne Verrechnungspreise über Landesgrenzen hinweg sehr komplex.“

Daher will der CFO in der Gruppe neue Vorgaben implementieren, um das Transfer Pricing „sauber zu steuern“, wie er es nennt. Ähnliche Projekte hat Junker schon während seiner Zeit als CFO beim Kopfhörerhersteller Sennheiser und beim Wäge- und Schneidespezialisten Bizerba durchgeführt.

FINANCE-Köpfe

Stefan Junker, Erwin Hymer Group AG & Co. KG

Während  seines berufsbegleitenden Studiums beginnt Stefan Junker seine Karriere 1989 im Controlling des Automobilzulieferers Leopold Kostal. Nach einer zweijährigen Zwischenstation im Beteiligungscontrolling des Wasserspezialisten Gerolsteiner Brunnen, kehrt Junker zu Leopold Kostal als kaufmännischer Leiter eines Joint Ventures in China zurück, um dieses von erster Stunde an aufzubauen. Später leitet er sämtliche kaufmännischen Funktionen einer Tochtergesellschaft von Leopold Kostal in Mexiko.

2000 wechselt Junker zum Akustikspezialisten Sennheiser, wo er  nach drei Jahren Tätigkeit als Director Finance and Controlling zum Mitglied der Geschäftsleitung berufen wird. 2011 folgt dann der Wechsel als CFO zu dem Klimaanlagen- und Heizgerätehersteller Spheros. Dort begleitet er erfolgreich einen Secondary Exit und wechselt anschließend im April 2013 zum Wäge- und Schneidespezialisten Bizerba, wo er die Position des CFO und Chief Operating Officer übernimmt. Im September 2017 wird Junker CFO des familiengeführten Reisemobilanbieters Erwin Hymer Group.

zum Profil

Hymer vereinheitlicht ERP-Systeme

Um systemseitig für die anstehende Internationalisierung gerüstet zu sein, will Finanzchef Junker zusätzlich die heterogene Landschaft der Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP-Systeme) vereinheitlichen. Denn da die Erwin Hymer Group viele Unternehmen hinzugekauft hat, haben die verschiedenen Töchter teilweise sehr individuelle ERP-Lösungen im Einsatz. „Da wollen wir Best in Class sein. Das sind wir leider noch nicht überall,“ gibt Junker zu.

Die Erwin-Hymer-Gruppe will durch das neue ERP-System Synergien heben – vor allem im Einkauf und in der Produktion. Beim Anbieter setzen die Baden-Württemberger auf SAP.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Leopold Kostal, Sennheiser, Bizerba: Das sind nur einige der Karrierestation des neuen Finanzchefs von Erwin Hymer. Erfahren Sie mehr über den CFO und seine Hobbies auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Stefan Junker.

Jakob Eich ist Chef vom Dienst des Printmagazins FINANCE und arbeitet parallel für das Schwestermedium DerTreasurer. Beide Publikationen gehören zum Fachverlag F.A.Z Business Media, bei dem der gebürtige Schleswig-Holsteiner auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Erste journalistische Erfahrungen sammelte der Journalist in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost.