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Uniper hat mehr als die Hälfte des Grundkapitals aufgezehrt

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Uniper will weniger heizen Foto:
Uniper will weniger heizen. Foto: Corinna-stock.adobe.com

Der angeschlagene Energiekonzern Uniper schreibt weiter Milliardenverluste. Diese wirken sich nun auch auf das bilanzielle Eigenkapital nach HGB des Gasimporteurs aus: Das Unternehmen verliert mehr als die Hälfte des Grundkapitals. Das musste Uniper gestern aus aktienrechtlichen Gründen anzeigen. Infolgedessen muss das Energieunternehmen eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, um den Aktionären die weitere Strategie zu erläutern. Diese soll in der zweiten Dezemberhälfte stattfinden.

Der Konzern muss wegen der Energiekrise seit Monaten teureres Gas am Markt kaufen, um seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen, kann die Preiserhöhung aber nicht an die Endkunden weitergeben. Die Gaspreise waren von 75 Euro am 1. Februar 2022 auf mehr als 300 Euro je Megawattstunde im August 2022 gestiegen und lagen im Oktober 2022 bei etwa 115 Euro je Megawattstunde.

Fast 5 Milliarden Euro Verlust

Für die ersten neun Monate des Jahres 2022 erwartet Uniper im Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) ein Minus von 4,8 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte der Gasimporteur vor Zinsen und Steuern noch einen Gewinn von 614 Millionen Euro erzielt. Beim bereinigten Nettoergebnis (Adjusted Net Income, ANI) für die ersten neun Monate des Jahres 2022 rechnet das Unternehmen mit einem Minus von rund 3,2 Milliarden Euro. Im Vorjahr lag der Wert mit 487 Millionen Euro im Plus.

Hinzu kommt, dass Unipers IFRS-Eigenkapital zum 30. September 2022 mit einem nicht-operativen Bewertungs-Effekt in zweistelliger Milliardenhöhe belastet wurde, um Verluste aus Gaslieferbeschränkungen im kommenden Winter zu antizipieren. Dies alles führe dazu, dass ein Verlust in Höhe von mehr als der Hälfte des Grundkapitals eingetreten sei. Der Energieversorger kündigte in der Verlustmeldung an, detaillierte Ergebnisse zu den Geschäftszahlen in der Folgewoche veröffentlichen zu wollen.

Unipers Sparmaßnahme: Kalte Büros

Uniper ist eines der größten börsennotierten deutschen Energieversorgungsunternehmen mit rund 11.500 Mitarbeitenden in mehr als 40 Ländern. Mit rund 33 Gigawatt installierter Kapazität gehört Uniper nach eigenen Angaben zu den größten Stromerzeugern weltweit. Zu Unipers Kernaktivitäten gehört zudem der globale Energiehandel.

Nur einen Tag vor der Verlustankündigung meldete die Deutsche Presse-Agentur (Dpa), Uniper werde rund die Hälfte seiner Büroflächen in der Düsseldorfer Zentrale ab Anfang November nicht mehr nutzen und das Thermostat bei 14 Grad Celsius deckeln. Auch alle Elektrogeräte in diesen Büros würden nicht mehr genutzt. Die Mitarbeitenden wolle das Unternehmen auf die anderen Büroräume verteilen. Nach Angaben der „Börsen-Zeitung“ hofft Uniper, so seinen eigenen Energieverbrauch um mindestens ein Viertel reduzieren zu können.

Rettungspaket des Bundes ist erst einen Monat alt

Nur einen Monat zuvor hatte Uniper mitgeteilt, dass sich die Bundesregierung mit rund 99 Prozent an Uniper beteiligen werde. Die Verstaatlichung befindet sich aber noch im Genehmigungsverfahren. Im Rahmen des finanziellen Stabilisierungspakets sollte der Staat 8 Milliarden Euro Eigenkapital in Form von neu ausgegebenen Aktien bereitstellen und die vom finnischen Energieversorger Fortum gehaltenen Uniper-Aktien erwerben.

Die kurzfristige Liquidität des Düsseldorfer Energieversorgers sollten Kreditlinien der bundeseigenen KfW sichern. Uniper hatte Ende August die KfW-Kreditlinien bereits auf 13 Milliarden Euro erweitert. Die von Fortum zur Verfügung gestellte Kreditlinie bestehend aus einem Gesellschafterdarlehen von 4 Milliarden Euro und einer Garantielinie von 4 Milliarden Euro ersetzt die Regierung nach Übernahme der Fortum-Beteiligung.

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Erst vor kurzem sollte Uniper verstaatlicht werden, jetzt rechnet der Konzern wieder mit Verlusten. Alles weitere rund um Uniper lesen Sie auf unserer Themenseite.

Ein weiterer Teil der Vereinbarung ist ein bis Ende 2026 limitiertes Recht von Fortum, ein erstes Angebot abgeben zu dürfen („Right of first offer“), falls das schwedische Wasserkraft- oder das Kernenergie-Geschäft von Uniper – oder Teile davon – zum Verkauf stehen. Im September 2022 hegte Uniper nach eigenen Angaben jedoch (noch) keine Verkaufsabsichten.

Den Verkaufsprozess des russischen Unternehmens PAO Unipro leitete Uniper Ende 2021 ein. Uniper hält mehr als 80 Prozent an Unipro und damit an fünf russischen Gas- und Kohlekraftwerken. Der Verkauf liegt vorübergehend auf Eis, soll aber laut Uniper wieder aufgenommen werden.

Kommt bald das nächste Rettungspaket für Uniper?

Nur wenige Tage vor Unipers verpflichtender Verlustanzeige berichtete das „Handelsblatt“ mit Bezug auf Insider aus Finanz- und Regierungskreisen, dass die Regierung nach dem Aus der angedachten Gasumlage an einem neuen Hilfskonzept für Uniper arbeite.

Fest steht hingegen der neue staatliche Abwehrschirm gegen die hohen Energiepreise in Höhe von 200 Milliarden Euro. Diesen hat die Bundesregierung am vergangenen Freitag beschlossen. Finanziert werden sollen die Maßnahmen über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Corona-Pandemie. Zu den Maßnahmen gehören laut Bundesregierung eine Gaspreisbremse, eine Strompreisbremse sowie Hilfen für aufgrund der Krise in Schwierigkeiten geratene Unternehmen, auch wegen der höheren Gaspreise.

Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.