Eingehungsbetrug: Das sollten CFOs jetzt wissen

Durch das Coronavirus sind viele Unternehmen in Schieflage geraten. Um eine Insolvenzwelle zu vermeiden, gibt es an mancher Stelle Lockerungen – so wurde beispielsweise bis Ende September die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen ausgesetzt, die Corona-bedingt in Schwierigkeiten geraten sind. Das sorgt bei einigen Unternehmen erst einmal für Erleichterung. Doch es bleibt für den CFO und seine Vorstandskollegen das Risiko, sich wegen des Eingehungsbetrugs strafbar zu machen, mahnen Juristen. Ein Eingehungsbetrug liegt vor, wenn jemand seinem Vertragspartner lediglich vortäuscht, seine vertraglichen Verpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit erfüllen zu wollen. Ein klassischer Fall sind Warenlieferungen, etwa wenn ein Vorstand Waren bei seinem Lieferanten bestellt, obwohl er bereits davon ausgeht, dass er die Lieferung nicht wird bezahlen kann. Wichtig dabei: „Voraussetzung für einen Eingehungsbetrug ist, dass der Täter vorsätzlich handelt“, erklärt Christian Pelz, Partner der Kanzlei Noerr. Auch sehr betroffene Branchen müssen aufpassen Dass die Insolvenzantragspflicht vorübergehend ausgesetzt wurde, bringt nun viele Unternehmensführer in eine Zwickmühle: Auch wenn sie derzeit keinen Insolvenzantrag stellen müssen, ist ihr Unternehmen dennoch womöglich überschuldet. „Das macht die Lage undurchsichtiger“, sagt Restrukturierungsexpertin Dorothee Prosteder von Noerr. FINANCE-Themenseite Insolvenz Welche Formen der Insolvenz gibt es? Welche Unternehmen sind betroffen? Die wichtigsten Praxistipps und aktuelle Fälle in der Übersicht. Mehr zum Thema Die Geschäftsleitung dürfe sich nicht darauf berufen, dass eine angespannte wirtschaftliche Lage in Corona-Zeiten allgemein bekannt sei. „Das bedeutet nicht, dass eine Täuschung des Vertragspartners schon ausscheidet, nur weil der Vertragspartner davon ausgehen könnte, dass eine Krise des Unternehmens zum Beispiel wegen Zugehörigkeit zu besonders betroffenen Branchen wahrscheinlich ist“, mahnt Prosteder. Ab wann gilt der Eingehungsbetrug? Um zu beurteilen, ob ein Eingehungsbetrug vorliegt oder eine – nicht strafbare – Nichterfüllung einer Forderung, sei daher das Timing ganz entscheidend, sagt Prosteder. „Grundsätzlich gilt: Hat der Vorstand die Ware zu einem Zeitpunkt bestellt, zu dem die wirtschaftliche Lage noch solide war, besteht in der Regel keine Pflicht, den Verkäufer vor Annahme der Ware auf verschlechterte Vermögensverhältnisse hinzuweisen“, sagt die Restrukturierungsexpertin. Etwas anderes gilt nur, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer besteht. In diesem Fall gibt es eine Aufklärungspflicht. Dann müsste die Geschäftsführung die Lage offenlegen. Allerdings begründen langjährige Geschäftsbeziehungen alleine nicht automatisch ein besonderes Vertrauensverhältnis. In der Rechtspraxis gilt vom Grundsatz her: „Wenn der Käufer berechtigterweise annimmt, dass er bei Fälligkeit den Kaufpreis bezahlen kann, muss er nicht auf die aktuelle schwierige wirtschaftliche Lage hinweisen“, sagt Anwalt Pelz. Sei die künftige Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft hingegen reines Wunschdenken und es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, liege der Vorwurf des Eingehungsbetrugs nahe. Mehr zu diesem Thema bei Die FINANCE-Plattform für Restrukturierung und unternehmerischen Wandel Zum Newsletter anmelden So können Vorstände sich schützen Um nicht in Gefahr zu raten, in Verbindung mit Eingehungsbetrug zu kommen, können sich Vorstände in Krisenphasen schützen. Ein Weg ist – wenn es die finanzielle Lage erlaubt – der Kauf auf Vorkasse. Dann erhält der Verkäufer sein Geld vorab. „Einen Schaden kann der Verkäufer nur dann erleiden, wenn er in Vorleistung geht, also Ware auf Kredit liefert“, erklärt Partner Pelz. Bei einem Zug-um-Zug-Geschäft, Ware gegen Geld, entstehe meist ebenfalls kein Schaden, weil die Ware erst dann übergeben werde, wenn der Verkäufer den Kaufpreis erhält. Eine andere Möglichkeit ist eine Offenlegung. Wie transparent ein Unternehmen dabei sein sollte, hängt nicht zuletzt von der Beziehung zu den Vertragspartnern ab. Generell gilt aber: „Der sicherste Wege ist: Spitzt sich die finanzielle Lage derart zu, dass die Vergütung für den Vertragspartner nicht mehrt gesichert ist, sollte ihm dies offengelegt werden, mindestens aber sollte in diesem Stadium auf Vorleistungen des Vertragspartners verzichtet werden“, rät Prosteder. So kann das Unternehmen die Offenlegung so gestalten, dass es dem Vertragspartner mitteilt, wenn die Gesellschaft derzeit von der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht Gebrauch macht, rät die Juristin. FINANCE-Themenseite CFO-Haftung Manipulierte Bilanzen, Korruption oder Kreditbetrug: Immer wieder geraten CFOs in das Visier der Ermittlungsbehörden. Die wichtigsten Informationen, um ein solches Schicksal zu umgehen, finden Sie auf dieser Themenseite. Mehr zum Thema In jedem Fall sollten Unternehmen die Liquiditätsplanung sauber dokumentieren. Kommt es zum Streit und ein Vorstand sieht sich dem Vorwurf des Eingehungsbetrugs ausgesetzt, ließe sich auf Basis dieser Dokumentation nachvollziehen, wie die finanzielle Perspektive des Unternehmen im strittigen Zeitpunkt wirklich war. sarah.backhaus[at]finance-magazin.de Info Alles über die verschiedenen Restrukturierungsverfahren finden Sie auf unserer Themenseite Insolvenz. Vor welchen Gefahren sich CFOs außerdem schützen sollten, können Sie auf der Themenseite CFO-Haftung nachlesen.

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