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Rocket Internet kauft sich bei Tele Columbus ein

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Macht jetzt auch in Kabelnetzbetreiber: Rocket Internet-Chef und Gründer Oliver Samwer.
Rocket Internet

Ungewöhnlicher Schritt: Die eigentlich als Start-Up-Finanzier bekannte Rocket Internet investiert in den krisengeplagten Kabelnetzbetreiber Tele Columbus. Die Beteiligungsgesellschaft halte einen Anteil von 12,3 Prozent am Berliner Unternehmen, wie Tele Columbus in einer Pflichtmitteilung bekanntgab. Der Aktienkauf im Wert von rund 32 Millionen Euro diene dem „Auf- und Ausbau eines weltweiten Netzwerks von Tech-Unternehmen“, hieß es seitens Rocket Internet.

Der Erwerb der Stimmrechte sei durch Eigenmittel finanziert worden, eine Aufstockung innerhalb der nächsten zwölf Monate angedacht. Allerdings strebt Rocket mit dem Einstieg weder einen Posten in den Führungsgremien an, noch soll die Kapitalstruktur verändert werden, hieß es weiter.

Machtkampf bei Tele Columbus

Tele Columbus war zuletzt durch einen Machtkampf mit dem größten Einzelaktionär United Internet in den Fokus geraten. So schaffte es United Internet als Minderheitsaktionär mit einem Anteil von 29,7 Prozent, auf der jüngsten Hauptversammlung den kompletten Aufsichtsrat des Kabelnetzbetreibers mit eigenen Kandidaten zu besetzen. Das Berliner Unternehmen steckt schon seit Jahren in der Krise und fällt durch bröckelnde Gewinne, hohe Investitionen und explodierende Schulden auf.

Eine leichte Verbesserung gab es zuletzt bei den Halbjahreszahlen für das Jahr 2019: Hier konnte Tele Columbus einen Umsatzanstieg von 240 auf rund 247 Millionen Euro im Vergleich zum Vergleichszeitraum 2018 bekanntgeben. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um etwa 5 Prozent auf 97 Millionen Euro zu. Allerdings fiel der operative Gewinn auf normalisierter Ebitda-Basis um 3 Prozent auf 115,2 Millionen Euro zurück.

Tele Columbus-Aktie legt deutlich zu

An der Börse ist die Aktie nur noch ein Fünftel dessen wert, was United Internet beim Einstieg Anfang 2016 bezahlte. Dort sorgt der Rocket-Einstieg zumindest für einen kleinen Lichtblick: Beflügelt durch den Deal schossen die Aktien von Tele Columbus am Freitag um mehr als 16 Prozent auf 2,38 Euro nach oben.

Anders sieht dies auf der Seite von Rocket Internet aus. Hier gaben die Papiere um 1,8 Prozent auf 23,94 Euro nach. Die Investoren scheinen noch skeptisch zu sein, wie genau die Beteiligung bei der kriselnden Tele Columbus ins Portfolio passt und wie das geplante weltweite Netzwerk von Tech-Unternehmen aussehen soll. Der Ausgabepreis der Rocket-Aktie lag beim Börsenstart im Oktober 2014 einmal bei 42,50 Euro.

Rocket Internet weiß nicht, wohin mit dem Geld

Den Investoren fehlte zuletzt die Fantasie, womit Rocket künftig wachsen will. Den Trend zur Mikromobilität mit E-Scootern hatte das Unternehmen beispielsweise verpasst. Dennoch hatte sich der Gewinn auf Halbjahressicht von 297 auf 547 Millionen Euro annähernd verdoppelt. Bekannte Firmenmarken, die an die Börse gebracht wurden, sind unter anderem der Essenzulieferdienst Delivery Hero oder die Online-Möbelplattformen Home24 sowie Westwing. Das Unternehmen, welches an mehr als 200 Start-Ups mit einem geschätzten Wert von 1,2 Milliarden Euro beteiligt ist, verfügte Ende August über eine gewaltige Netto-Cash-Position von 3 Milliarden Euro.

Bereits auf der Hauptversammlung im Juni machte Rocket-Chef und -Gründer Oliver Samwer deutlich, dass das Aufspüren chancenreicher Start-ups schwieriger geworden sei und er sich einer wachsender Konkurrenz gegenüber sehe. Derzeit verfüge sein Unternehmen über „mehr Kapital als Ideen“, so Samwer. Aufgrund dessen ließ er sich bereits damals per Satzungsänderung genehmigen, auch abseits des Kernsegments in Immobiliengeschäfte investieren zu dürfen.

Zudem wurden Pläne vorgestellt, zukünftig auch technologische Versicherungs- und Gesundheitsdienstleistungen anzubieten. Als weitere Bereiche sind Onlinewetten, Reisen und Finanzdienstleistungen angedacht. Eine Gewinnausschüttung in Form einer Sonderdividende lehnte er indes ab.

martin.barwitzki[at]finance-magazin.de

Info

Die Start-up-Schmiede Rocket Internet sitzt auf drei Milliarden Euro Bargeld, doch es fehlen die Investments. An der Börse weht den Berlinern ein eisiger Wind entgegen.

Wie sich die übrigen Beteiligungen des Investors entwickeln, das lesen Sie auf unserer Themenseite zu Rocket Internet.