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Brexit: Gnadenfrist für Limiteds

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Der Brexit trifft die deutschen Limiteds voraussichtlich doch nicht so hart. Ein neuer Regierungsentwurf soll die Umwandlung in eine andere Rechtsform erleichtern.
iStock/Thinkstock/GettyImages

Gute Nachrichten für die rund 10.000 deutschen Unternehmen, die in der britischen Rechtsform einer Limited organisiert sind. Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der diesen Unternehmen mit Blick auf den kommenden Brexit helfen soll. Der entsprechende Regierungsentwurf liegt seit vergangener Woche vor.

Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU wird die britische Rechtsform in Deutschland nicht mehr anerkannt. Das Problem: Nach deutschem Recht handelt es sich bei den Limiteds nicht um Kapital-, sondern um Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter grundsätzlich persönlich haften. Für viele bedeutet der nahende Brexit daher ein enormes persönliches Haftungsrisiko.

Barley will Umwandlung von Limiteds erleichtern

Viele kleine Betriebe und Start-ups haben in der Vergangenheit eine Limited gegründet, da bei dieser Rechtsform kein Stammkapital fällig wurde. Gerade diesen Unternehmen soll mit dem neuen Gesetzentwurf geholfen werden: Es soll die Umwandlung einer Limited im Zuge einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft ermöglichen.

Bislang konnten Unternehmen sich über diesen Weg nur in eine Kapitalgesellschaft wie eine AG, eine KGaA oder eine GmbH wandeln. „Dabei entsteht allerdings regelmäßig eine Mindestkapitalanforderung, die sich Viele nicht leisten können“, erklärt Oliver Rieckers, Gesellschaftsrechtler von Hengeler Mueller.

Bei der GmbH liegt die notwendige Kapitaleinlage bei 25.000 Euro. Nach dem neuen Gesetz soll es auch möglich sein, die Limited in eine GmbH & Co KG oder eine UG & Co KG zu wandeln. „Bei der Unternehmergesellschaft ist dann eine Kapitalausstattung von nur 1 Euro ausreichend,“ so Rieckers.

Gesetzentwurf sieht Übergangsregelung für Limiteds vor

Für große deutsche Limiteds ist dieser Teil des Gesetzentwurfs weniger relevant. An anderer Stelle ist das Papier dafür umso interessanter: „Der Entwurf sieht eine Übergangsregelung für die Verschmelzungsverfahren vor“, erklärt Rieckers. Demnach müssen die Unternehmen ihre Verschmelzungspläne lediglich vor dem Brexit oder vor dem Ablauf eines Übergangszeitraums, innerhalb dessen das Vereinigte Königreich weiterhin als Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt, notariell bekundet haben. Für die Abwicklung der Verfahren haben die Unternehmen dann maximal zwei Jahre Zeit.

Stand jetzt muss man befürchten, dass der Stichtag im März 2019 liegen wird. Eine mögliche Übergangsfrist bis Dezember 2020, in der das Vereinigte Königreich weiterhin als Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt, gibt es nur, wenn sich die EU und Großbritannien noch auf ein Abkommen einigen können.

Für Unternehmen, die spät dran sind, wäre diese Regelung ein wichtiger Vorteil. „So könnten sie jetzt noch verhindern, frühestens im Frühjahr 2019 in die Falle der persönlichen Haftung zu tappen“, betont Rechtsexperte Rieckers.

Alternative grenzüberschreitender Formwechsel

Die Verschmelzung der britischen Limited auf eine deutsche Gesellschaft ist nicht der einzige Weg, um das Problem zu lösen. Es gibt auch die Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Formwechsels. Das Pikante: Es gibt dafür bisher keine deutsche Gesetzesgrundlage.

„In diesem Bereich ist ganz unabhängig von der Brexit-Thematik derzeit viel Bewegung“, berichtet Rieckers. Es gibt einige Unternehmen, die den Weg bereits basierend auf Urteilen des Europäischen Gerichtshofs genutzt haben. Ein Beispiel dafür ist die Deutsche Bahn, die ihre Finanzierungsgesellschaft im vergangenen Jahr im Zuge eines identitäts- und rechtsformwahrenden Formwechsels aus den Niederlanden zurück nach Deutschland geholt hatte.

Diskussionen EU-Richtlinienentwurf

Mittlerweile werden die Bemühungen konkreter, diesen Weg auch in Gesetzen festzuschreiben. Im Frühjahr veröffentlichten das Europäische Parlament und der Europäische Rat einen Richtlinienvorschlag. Der Bundesrat nahm Ende September dazu Stellung. „Grundsätzlich wird der Vorschlag begrüßt. Für Diskussionen sorgt aber noch die Frage, wie weit der Schutz bestehender Mitbestimmungsrechte reichen soll“, berichtet Rechtsanwalt Rieckers.

„Das Urteil ist umstritten.“

Oliver Rieckers, Hengeler Mueller

Für besonders viel Zündstoff in der Debatte sorgte dabei das sogenannte Polbud-Urteil. Kernfrage des Prozesses: Gilt die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU auch dann, wenn ein Unternehmen nur seinen Satzungssitz verlegen will, aber nicht seinen tatsächlichen Verwaltungssitz? „Laut dem EuGH ist das möglich, das Urteil ist allerdings umstritten“, so Rieckers. Der Bundesrat selbst sieht durch die Entscheidung Missbrauchsgefahren. Die Debatte darüber dürfte auch die Diskussionen um den neuen Richtlinienentwurf beeinflussen.

antonia.koegler[at]finance-magazin.de

Info

Alles was für Finanzchefs rund um den Austritt der Briten aus der Europäischen Union wichtig ist, finden Sie gesammelt auf unserer Themenseite zum Brexit.

Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.