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So will Olaf Scholz die Bafin reformieren

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Im Fall Wirecard zeigen viele Finger auf die Finanzaufsicht Bafin als Schuldigen. Finanzminister Olaf Scholz will die Behörde jetzt reformieren.
Ascannio - stock.adobe.com

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will die Finanzaufsicht Bafin im Zuge des Wirecard-Skandals reformieren. Nachdem Ende vergangener Woche schon der Abschied von Präsident Felix Hufeld und seiner Stellvertreterin Elisabeth Roegele verkündet wurde, hat der SPD-Politiker nun einen „Sieben-Punkte-Plan“ vorgelegt. „Ich will eine Finanzaufsicht mit Biss, eine härtere Kontrolle der Finanzmärkte“, sagte Scholz in Berlin. Seine Vorschläge basieren auf einer Analyse von Roland Berger. Das Beratungshaus hatte in den vergangenen Monaten die Bafin auf Schwachstellen hin durchleuchtet.

Ein wichtiger Schritt des siebenstufigen Plans wird sein, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Hufeld zu finden. Hier scheint das Finanzministerium den Kreis der Kandidaten deutlich erweitern zu wollen. Man wolle auch im Ausland nach einem neuen Präsidenten suchen, heißt es. Ein externer Kandidat ohne politischen Ballast dürfte tatsächlich geeigneter sein, eingefahrene Strukturen aufzubrechen.

Bafin soll forensisch aktiv sein

Größere Änderungen kommen auf die Bilanzpolizei genannte Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) zu, die im Zuge des Wirecard-Debakels in die Kritik geraten war. Sie wird zum Teil entmachtet: Die Bafin muss bei Verdachtsfällen die DPR in Zukunft nicht mit einer Untersuchung beauftragen, sondern kann direkt durchreifen.

Zu den Werkzeugen der Bafin sollen in Zukunft auch forensische Untersuchungen gehören, dafür soll die Behörde auch neues Personal wie Wirtschaftsprüfer erhalten. Scholz hofft, dass die Bafin damit künftig besser dazu in der Lage sein wird, Hinweisen aus dem Markt – etwa von Investoren, Bankern oder Journalisten –, die auf mögliche Bilanztricksereien hindeuten, auch konsequent nachzugehen. „Die Bafin muss auf Augenhöhe mit Bilanzrechtsexperten agieren können“, betonte Staatssekretär Jörg Kukies laut „Handelsblatt“. 

Laut dem Linken-Politiker Fabio de Masi hat die Bafin bisher nur fünf Mitarbeiter mit abgeschlossenem Wirtschaftsprüferexamen. „Man fragt sich daher, wie die Arbeit bisher erledigt wurde“, schrieb er auf Twitter. „Wer aber in einer Liga mit den Big Four spielen will, braucht eine echte forensische Elitetruppe mit Spitzengehältern, den Einsatz modernster Technologie wie Künstlicher Intelligenz und eigene Trainingsprogramme.“

Weiter plant Finanzminister Scholz, eine neue, forensisch geschulte Taskforce einzurichten, damit die Bafin künftig Ad-hoc- und Sonderprüfungen in Eigenregie und bei Bedarf in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft vor Ort durchführen kann.

Whistleblower sind „besonders wertvoll“

Für die Kontrolle komplexer Unternehmen will Bundesfinanzminister Scholz eine „Fokusaufsicht“ schaffen lassen, die alle Geschäftsbereiche der Bafin umfasst und Unternehmen enger beaufsichtigt als bisher. Mit einem solchen Ansatz wäre etwa neben der Wirecard Bank auch die Wirecard AG in die Zuständigkeit der Bafin gefallen.

Offenbar will das Bundesfinanzministerium auch den Umgang mit Whistleblowern modifizieren. Der Schritt ist überfällig: Statt den Vorwürfen von Hedgefonds und Journalisten gegen Wirecard nachzugehen, hatte die Bafin diese Marktteilnehmer angezeigt.

Der Austausch mit Marktteilnehmern möchte man demnach intensivieren und die Erkenntnisse systematisch erfassen und auswerten. „Informationen aus dem Markt und von Whistleblower*innen sind für die Arbeit der Bafin besonders wertvoll“, heißt es nun seitens der Behörde. Auch mit Verbraucher- und Anlegerschützern soll „regelmäßig und intensiv der Austausch gesucht werden“.

Bafin will auf Big Data setzen

Zu guter Letzt soll die Bafin deutlich moderner werden und sich auch neuer Technologien bedienen. Eine zentrale Data Intelligence Unit (DIU) und ein digitales Aufseher-Cockpit sollen das Rückgrat einer IT-getriebenen Aufsicht des Finanzsektors bilden, schreibt das BMF. „Die Bafin muss in die Lage versetzt werden, die Power von Big Data zu nutzen“, sagte Staatssekretär Kukies dem „Handelsblatt“ zufolge. In dieser Hinsicht könne die Bafin noch etwas von ausländischen Aufsichtsbehörden lernen.

Mit diesem „Sieben-Punkte-Plan“ will das Bundesfinanzministerium künftig verhindern, dass sich eine Causa Wirecard wiederholt. Die Bafin hatte zuvor bereits erlassen, dass Mitarbeiter künftig nicht mehr Aktien von Unternehmen handeln dürfen, für deren Beaufsichtigung sie zuständig sind.

Laut einer Sonderauswertung hatten Bafin-Mitarbeiter zwischen Januar 2019 und September 2020 gut 500 Finanzgeschäfte mit Bezug zur Wirecard AG abgeschlossen. Auch noch kurz vor der Pleite handelten Wirecard-Angestellte mit den Wertpapieren des Zahlungsabwicklers. Ein Mitarbeiter wurde von der Bafin sogar wegen des Verdachts auf Insiderhandel angezeigt.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Chef vom Dienst des Printmagazins FINANCE und arbeitet parallel für das Schwestermedium DerTreasurer. Beide Publikationen gehören zum Fachverlag F.A.Z Business Media, bei dem der gebürtige Schleswig-Holsteiner auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Erste journalistische Erfahrungen sammelte der Journalist in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost.