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Structured FINANCE: So finanzieren CFOs in stürmischen Zeiten

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18. SF-1. Podium
Beim ersten Podium der 18. Structured FINANCE gaben die CFOs spannende Einblicke. Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/A. Varnhorn & B. Hartung

Von der Corona-Pandemie in die Energiekrise mit Lieferkettenengpässen ­– das normalerweise kurzfristige Krisenmanagement wird zum Dauerlauf. Wie gehen Finanzentscheider mit den Herausforderungen um? Wie meistern sie Finanztransaktionen in diesen schwierigen Zeiten? Darüber diskutieren CFOs zum Auftakt der diesjährigen Structured FINANCE live in Stuttgart mit FINANCE-Chefredakteur Markus Dentz.

Im Podium sitzen die CFOs Jörg Bremer von Krauss Maffei, Jochen Goetz von Daimler Truck, Roland Mauss von Oryx Stainless und Thomas Löhr von der Georgsmarienhütte Holding sowie Louise Öfverström, die zuletzt CFO bei Rolls-Royce Power Systems war und demnächst als CFO bei Nemetschek beginnt.

Daimler-Truck-CFO: „Man braucht immer einen Plan B“

Der russische Angriff auf die Ukraine wirkte sich auf die Unternehmen in der Runde sehr unterschiedlich aus. Für Jochen Goetz von Daimler Truck hat sich seit Februar 2022 „einfach alles verändert“. Der CFO des Spin-offs erklärt: „Man braucht immer einen Plan B und muss flexibel sein.“ Dem stimmt Jörg Bremer von Krauss Maffei zu und ergänzt: „Wir stecken in einer riesigen Transformation. Unser Unternehmen hatte mehrere Jahre nicht die besten Ergebnisse, deshalb ist Flexibilität besonders wichtig.“

Auch Roland Mauss von Oryx Stainless hält Flexibilität für sehr wichtig. Allerdings, so merkt er an, „sind die Auswirkungen in den einzelnen Branchen sehr unterschiedlich. In unserer Branche macht uns Chinas Zero-Covid-Strategie große Sorgen, mehr noch als die anderen Krisen.“ Und Öfverström ergänzt: „Je nach Branche ist es immer spannend. Jetzt ist es intensiver.“

Nur Thomas Löhr von der Georgsmarienhütte stellt fest: „Für uns hat sich eigentlich nichts verändert.“ Mauss erklärt, der Grund sei das hochgradig volatile Umfeld in der Stahlbranche mit ebenso volatilen Ratings. Die Experten berichten, dass bei Rohstofflieferanten nachhaltiger Rohstoffe der Umsatz gestiegen sei.

Lieferkettenprobleme verursachen Platzprobleme

Bei Daimler Truck und Krauss Maffei hingegen sah es anders aus. Die Lieferkettenproblematik zeigt sich hier, Maschinen mit Millionenwerten türmen sich auf dem Hof, weil Kleinteile wie Schrauben oder Muttern fehlen. „Wir bauen Maschinen mit bis zu 100 Metern Länge“, berichtet Bremer. Und diese seien dann nicht verschiffbar.

„Wir kriegen das hin, indem wir uns anpassen.“

Jörg Bremer, CFO bei Krauss Maffei

Und Goetz erklärt: Die Anzahl der fehlenden Teile mache es schwer, vorherzusagen, wie sich die Märkte entwickeln würden. Beide rechnen damit, dass auch 2023 große Herausforderungen bereit hält. Bremer setzt auf Headrooms als Mittel dagegen, und dass neu gebaute Maschinen von anderen Lieferanten kommen. „Wir kriegen das hin, indem wir uns anpassen“, sagt der Krauss-Maffei-CFO.

Der Maschinenbauer habe sein Treasury komplett neu aufgestellt mit neuen Mitarbeitern und sei mit den Banken in die Diskussion gegangen­ . „Am Ende sind wir zu einer Lösung gekommen, wo wir unsere Stammbanken zum Teil behalten und einen Vertrag mit einer Bank geschlossen haben, die etwas risikofreudiger war.“

Daimler Truck hatte sich vor rund einem Jahr von der früheren Daimler AG abgespalten und ist als eigenständiges Unternehmen an der Börse notiert. Goetz berichtet: „Die ersten Kapitalmarkt-Transaktionen in Nordamerika waren entscheidend. Wir haben gute Zeiten erwischt, so dass alles sehr ruhig und geordnet lief.“ Zur Sicherung der Liquidität hatte Daimler Truck einen Bridge Loan aufgenommen, mit dem erklärten Ziel, diesen zügig abzulösen. Trotz Ukraine-Krieg kam 2022 ein Euro-Bond hinzu.

Hausbanken sind weiterhin wichtig

Der Daimler-Truck-CFO hat festgestellt, dass „nordamerikanische Banken eher bereit sind, Risiken einzugehen, als deutsche Banken. Wir haben eine Handvoll Hausbanken.“ Die Georgsmarienhütte setzt als Mittelständler indes ganz auf Hausbanken. „Die Stahlindustrie ist nicht so sexy“, stellt Löhr fest. „Wir brauchen verlässliche Partner, die unsere Branche verstehen.“

Mauss von Oryx Stainless merkt an, dass „Transparenz und langjährige Kontakte helfen.“ Bei seinem Konzern habe die Refinanzierung relativ reibungslos geklappt. Er rechnet damit, dass die Banken selektiver vorgehen. Öfverström rät zu mehr Diversifizierung, etwa mit einer marktplatzorientierten Plattform, durch die sich neue Möglichkeiten öffnen könnten.

Die Zinswende war „überfällig“

Ebenfalls ein großes Thema ist derzeit die Zinswende. Aber diese hält Mauss für „überfällig“. „Mit Negativzinsen sorgen wir für Fehlallokationen.“ Auch Öfverström kann der Zinswende etwas Gutes abgewinnen: „Wenn es mehr Zinsen gibt, gibt es auch mehr Wettbewerber. Aber wir hatten recht viele Jahre, in denen das kein Thema war, so dass diese Szenarien nicht mehr präsent waren, besonders in Verbindung mit den vielen Unwägbarkeiten.“

Auch Goetz hat deswegen „keine schlaflosen Nächte.“ „Die Supply Chain bereitet mir mehr Sorgen“, sagt er.

„Durch Corona haben wir alle gelernt, dass man relativ radikal arbeiten muss, aber auch kann.“

Louise Öfverström, künftige Nemetschek-CFO

Öfverström erklärt, dass ein Zinsumfeld wie das jetzige Unternehmen einen stärkeren Anreiz gebe, „mit der eigenen Liquidität zu arbeiten und das Geschäftsmodell so zu strukturieren, dass man das Zukunftsgeschäft finanzieren kann – gerade, wenn man auf ein volatiles Umfeld reagieren muss.“

Auch bei einem anderen Thema sind sich die Podiumsteilnehmer einig: ESG-Themen würden in Zukunft wichtiger werden und sollten angegangen werden, wenn sie nicht schon umgesetzt werden. Wie sich das Jahr 2023 entwickelt, fasst Löhr prägnant zusammen: „Es wird unvorhersehbar werden.“ Die Teilnehmer stimmen darin überein, dass es auf die Flexibilität ankommt. Öfverström ist optimistisch: „Durch Corona haben wir alle gelernt, dass man relativ radikal arbeiten musss, aber auch kann.“

Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.