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Transformation der Retail-Branche

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Retail-Unternehmen müssen sich transformieren. Foto: onlyyouqj - stock.adobe.com
Retail-Unternehmen müssen sich transformieren. Foto: onlyyouqj - stock.adobe.com

Der stationäre Einzelhandel hat im Bereich Non-food durch die Konkurrenz aus dem E-Commerce teils erhebliche Umsatzeinbußen in den vergangenen Jahren hinnehmen müssen. Durch die Einschränkung im Zuge der Covid19-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2021 kamen weitere, extern bedingte Umsatzverluste hinzu. Zudem änderten die Konsumenten ihre Einkaufsgewohnheiten und bevorzugen zunehmend das Onlineshopping sowie mobile Einkäufe.

Teilweise konnte der Einzelhandel diesen Verlusten durch rechtzeitige Online-Strategien entgegenwirken. Doch es gilt: Filialisten müssen sich anpassen und ihre Geschäftsmodelle sowie die Einkaufserlebnisse als solche transformieren.

Retail-Branche: hoher Kostendruck

Nach der Aufhebung der Maßnahmen gegen die Pandemie ist die Kundenzahl in den Innenstädten – entgegen den Erwartungen – wieder deutlich gestiegen. Im Bereich E-Commerce stagniert das erwartete Wachstum. Einzelne Händler haben die Kapazität im Online-Segment als Reaktion auf die stationären Umsatzrückgänge überdimensioniert. Auch dies kann zu Verlusten führen.

Die seit 2022 anhaltende hohe Inflationsrate führt zudem zur Kaufzurückhaltung der Kunden und drückt erneut die Umsätze. Diesen Umsatzrückgang spüren insbesondere Premiumsegmente, auch im Food-Bereich.

Letztlich steht der Retail-Bereich unter hohem Kostendruck in Bezug auf Miet- und Betriebskosten und spürt den Arbeits- und Fachkräftemangel besonders stark, weil Löhne und Gehälter im Branchenvergleich eher niedrig sind. Wenn kein qualifiziertes Personal mehr in den Filialen ist, greift ein zentrales Argument für den stationären Handel – die Beratung vor Ort – nicht mehr. Der Ausbau des Online-Geschäfts hingegen führt zu einem Anstieg von Marketing- und Werbekosten sowie zu hohen Anfangsinvestitionen, um die notwendige Infrastruktur in den Bereichen IT und Logistik zu schaffen.

Schutzschirm eignet sich gut für Retail-Unternehmen

Diese Entwicklungen zeigen sich auch in der Praxis. In den vergangenen Monaten häuften sich die Insolvenzanträge im Einzelhandel: Galeria Karstadt Kaufhof, Peek & Cloppenburg und Görtz sind nur einige Beispiele. Sie zeigen aber, dass es neben der Konkurrenz durch E-Commerce oder den Nachwirkungen des Lockdowns noch weitere Gründe für die Insolvenzanträge gibt. gibt. Peek & Cloppenburg etwa plant nicht, Filialen zu reduzieren.

Damit die Transformation gelingt, benötigen Retail-Unternehmen eine umfassende Strategie. Eine Maßnahme, auf die mehrere Einzelhändler zuletzt setzten, kann das Schutzschirmverfahren sein. Damit können sich Unternehmen operativ und finanziell restrukturieren. Durch ein Sonderkündigungsrecht für Mietverhältnisse kann bei Bedarf die Filialstruktur neu aufgestellt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, langlaufende Verträge zu beenden und so Rahmenlieferverträge, Marketingkooperation oder Point-Of-Sale-Partnerschaften neu zu strukturieren. Personelle Veränderungen in der Verwaltung oder auf der Fläche sind im Schutzschirmverfahren mit kürzeren Fristen und gedeckelten Sozialplanansprüchen möglich.

Gleichzeitig ermöglicht das Schutzschirmverfahren eine finanzielle Restrukturierung. Altverbindlichkeiten können neu geordnet werden. Die bereinigte Bilanz ermöglicht einen Neustart und notwendige Investitionen können tatsächlich in die Transformation und die Bereiche E-Commerce, Marketing und Branding fließen. Selbst bei Erhalt bestehender Filialstrukturen, bietet die Möglichkeit der Kündigung unter dem Schutzschirm eine gute Ausgangsbasis für Nachverhandlungen mit Vermietern über Konditionen.

Gerade bei Verbrauchsgütern bestehen anders als in der Industrie keine größeren Gewährleistungsthemen, so dass die Sanierung den Kunden nicht schadet und bestenfalls von diesen kaum wahrgenommen wird.

Sanierungskonzept ist ein Muss

Eine Sanierung unter dem Schutzschirm muss jedoch von einem Sanierungskonzept begleitet sein und darf nicht nur für die Möglichkeit der Sonderkündigungsrechte oder verkürzten Kündigungsfristen genutzt werden. Der Gesetzgeber sieht den Schutzschirm als Sanierungsverfahren, bei dem die Interessen der Gläubigergemeinschaft zu wahren sind.

Ein Sanierungskonzept, begleitet durch eine umfassende Kommunikationsstrategie, kann die notwendige Transformation umsetzen und einen Auftritt als modernes, zukunftsorientiertes Unternehmen schaffen.

Silvio Höfer ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Anchor in Hannover und sowohl in der Eigenverwaltung, als auch als Sach- und Insolvenzverwalter tätig.

Dr. Florian Harig ist Partner bei Anchor und begleitet Unternehmen bei Sanierungen über den Restrukturierungsrahmen, in Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren sowie Insolvenzplanverfahren.