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Restrukturierungs-News: Hussel, Wirecard, AE Group

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Die Deutsche Confiserie Holding muss mit ihren drei Marken Hussel, Eilles und Arko in der Insolvenz. Foto: alex9500 - stock.adobe.com
Die Deutsche Confiserie Holding muss mit ihren drei Marken Hussel, Eilles und Arko in der Insolvenz. Foto: alex9500 - stock.adobe.com

Süßwarenmarken Hussel, Eilles und Arko sind erneut insolvent

Die Genusswelt hält den Atem an. Die bekannten Marken Arko Kaffee, Hussel und Eilles der Süßwaren- und Getränkekette Deutsche Confiserie Holding haben Ende Januar Insolvenz angemeldet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Hamburger Rechtsanwalt Dietmar Penzlin (Schmidt-Jortzig Petersen Penzlin) bestellt.

Es ist bereits das zweite Insolvenzverfahren für Arko, Hussel und Eilles. Schon 2021 hatten sich die Marken aufgrund der Corona-Krise unter den Schutzschirm gerettet und sind mithilfe einer Finanzspritze des norddeutschen Investors Paul Morzynski, der auch als Investor beim Grand Hotel Heiligendamm an der Ostsee bekannt ist, wieder auf die Beine gekommen. Die erzielten Erfolge aus der Insolvenz in Eigenregie konnten aufgrund sinkender Einnahmen im Kontext gestiegener Rohstoff- und Personalkosten nicht gehalten werden, heißt es von seiten der Holding. Das führte schließlich zur aktuellen Sanierungsmaßnahme.

Die Unternehmen Arko und Eilles hatten im September 2018 Hussel übernommen, um „attraktive Größenvorteile“ und „Grundlagen für gemeinsames Wachstum“ zu schaffen. Die aktuelle Insolvenz trifft bundesweit etwa 1.200 Mitarbeiter, deren Löhne und Gehälter nun über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert sind. Insgesamt betreibt die Holding mehr als 280 Filialen in Deutschland, Österreich und Tschechien.

Keine Ergebnisse nach 100 Tagen Wirecard-Prozess

Anfang Februar fand der 100. Verhandlungstag im Prozess des insolventen Skandalunternehmens Wirecard statt. Ein Urteil ist bislang nicht in Sicht und eine Prognose über das Verfahrensende will das Landgericht München I nicht abgeben, wie die FAZ berichtet. Kurz vor dem Jubiläumstag wurde der Haftbefehl gegen den Kronzeugen Oliver Bellenhaus ausgesetzt. Damit verbleibt der frühere Vorstandschef Markus Braun nunmehr als einziger der drei Angeklagten in Untersuchungshaft.

Nach 14 Monaten zeichnet sich ab, dass Unregelmäßigkeiten bei Wirecard vorlagen. Eine kürzlich per Videovernehmung aus Bangkok zugeschaltete Zeugin erklärte, dass sie von Wirecard noch nie gehört habe. Doch ihre Unterschrift samt Passkopie findet sich in Unterlagen des Unternehmens. Zusätzlich führte Ende Januar die Aussage eines japanischen Zeugen zu weiteren Zweifeln an dem umstrittenen Drittpartnergeschäft.

Trotz zahlreicher Zeugenaussagen bleibt die Kernfrage des Prozesses vorerst ungeklärt: War Markus Braun ein Betrüger oder das Opfer von Jan Marsalek und Komplizen? Braun bestreitet sämtliche Vorwürfe und behauptet, nichts von den kriminellen Machenschaften gewusst zu haben. Die Suche nach den fehlenden Milliarden und die Einschätzung des Insolvenzverwalters Michael Jaffé (Jaffé Rechtsanwälte) könnten weitere Monate dauern. Derzeit ist nicht absehbar, wann ein Urteil gefällt wird.

Aluminium-Druckgusshersteller AE Group findet Investor

Der Thüringer Aluminium-Druckgusshersteller AE Group hat mithilfe von Falkensteg-Partner Jochen Wierz einen neuen Eigentümer gefunden. Die Münchener Alutech Holding, beraten durch die Deutsche Invest Mittelstand, hat 100 Prozent der AE Group erworben. Sie beabsichtigt, alle rund 1.300 Mitarbeiter weiterzubeschäftigen.

Die Alutech Holding ist auf den Kauf von mittelständischen Unternehmen in Sondersituationen spezialisiert und soll die Transformation des Thüringer Unternehmens, das weltweit namhafte Automobilhersteller beliefert, weiter vorantreiben. Bislang belasteten Preisanstiege an den Energie- und Rohstoffmärkten sowie die Inflation die operative Ertragskraft der AE Gruppe. Doch das im Sommer 2023 eingeleitete Sanierungskonzept erreichte bereits, dass die Verschuldung gesenkt sowie Preise angepasst und feste Volumina zugesagt wurden.

Sanierung von Sono Motors erfolgreich gestartet

Das Münchener Solartechnologieunternehmen Sono Motors macht Fortschritte bei seiner Restrukturierung. Durch einen Investoren-Deal, bei dem DLA Piper unter der Federführung von Dietmar Schulz den alten und zugleich neuen Investor Yorkville Advisors beriet, konnte sich die Sono Gruppe eine neue Finanzierung für die Fortführung des Geschäftsbetriebs sichern. Es wurde bereits das Solargeschäft von der Autosparte getrennt, die Hauptversammlung bestätigte das neue Management und der Insolvenzantrag der Sono Group wurde zurückgezogen. Der Insolvenzplan für die operative Tochtergesellschaft Sono Motors ist rechtskräftig.

Zukünftig soll im Fokus des operativen Geschäfts die Entwicklung von Solarantriebsteilen stehen, insbesondere für Busse. Zudem sollen der „Solar Bus Kits“ auf den Markt gebracht und die Solarintegrationstechnologie weiterentwickelt werden. Trotz laufenden Insolvenzverfahrens konnte Sono Motors neue Kundenbeziehungen aufbauen und die Zusammenarbeit mit einem der zehn größten Fahrzeughersteller vertiefen. Die Wirtschaftskanzlei Dentons beriet mit den Partnern Holger Ellers und Dirk Schöne als Generalbevollmächtigte Sono Motors beim Schutzschirmverfahren. Ivo-Meinert Willrodt (Pluta)  hat bei Sono Motors als Sachwalter zusammen mit Pluta-Anwalt Wolfgang Bernhardt die Überwachung der insolvenzrechtlichen Anforderungen übernommen. Marlene Scheinert (Pluta) übernahm diese Rolle bei der Sono Group. Christian Plail
und Matthias Räupke von SGP Schneider Geiwitz übernahmen als Generalhandlungsbevollmächtigte die Begleitung des Unternehmens Sono Group.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Auto-Kabel Management hat sich aufgrund der unerwarteten Entwicklung des Elektromobilitätsmarktes zu einem Insolvenzverfahren entschlossen. Die Kanzlei Gleiss Lutz berät das Unternehmen mit einem Team um Andreas Spahlinger und Friedrich Schlott während dieses Prozesses und unterstützt bei der Suche nach einem Investor. Das Familienunternehmen produziert mit weltweit mehr als 4.000 Mitarbeitern Kabellösungen für die Energieverteilung in Automobilen, ist in elf Ländern auf drei Kontinenten tätig und beliefert Automobilhersteller weltweit.

Der Automobilzulieferer SD Automotive Solutions aus Georgsmarienhütte ist Ende Januar in die Insolvenz gegangen. Stefan Meyer (Pluta) wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Ursächlich für die finanziellen Schwierigkeiten waren hohe Umsatzverluste aufgrund von Kundenentscheidungen, darunter Serienauftragsbeendigungen. Der Geschäftsbetrieb wird zunächst uneingeschränkt fortgeführt. Meyer strebt Gespräche mit allen Beteiligten an, um den Betrieb zu stabilisieren und Sanierungsoptionen zu prüfen, einschließlich einer Investorensuche und möglicher Insolvenzpläne.

Erneut muss ein Seniorenzentrum in die Insolvenz. Zwei Gesellschaften der Diakonie im Oldenburger Land sind aufgrund von Umsatzausfällen wegen nicht belegbarer Betten, erhöhten Personalkosten durch Personaldienstleister und einem Investitionsstau in Schieflage geraten. Christian Kaufmann (Pluta) wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter des betroffenen Seniorenzentrums Haarentor in Oldenburg und des Seniorenzentrums „to huus achtern Diek“ in Blexen bestellt. Die Geschäftsbetriebe beider Einrichtungen laufen uneingeschränkt weiter. Die Vorstände betonen, dass der Insolvenzantrag die beste Chance auf Fortführung darstelle.

Die Gienanth-Gruppe hat den nächsten Schritt auf dem Weg zur Sanierung gemacht und für mehrere Tochtergesellschaften Insolvenzverfahren eröffnet. Betroffen sind die Gienanth Group, Gienanth Sales, Gienanth Verwaltung, Fronberg Guss sowie Gienanth Zaigler MBA. Die Suche nach Investoren läuft. Ziel ist es, Standorte und Arbeitsplätze zu erhalten und das Unternehmen für die Zukunft zu stärken. Die Gießereigruppe trägt derzeit selbst die Personalkosten, plant jedoch personelle Anpassungen, insbesondere im Bereich Maschinenformguss. Diese Maßnahmen sollen die Sanierungsfähigkeit sichern und zielgerichtete Investorengespräche ermöglichen. Eine seit Jahren stetig sinkende Abrufmenge hat dazu geführt, dass Preisanpassungen notwendig wurden. Die Sanierung wird von einem Team der Restrukturierungskanzlei Schultze & Braun beraten.

Das Tech-Unternehmen Schweickert hat eine Restrukturierung in Eigenverwaltung beantragt. Anhaltende Verluste bei Großprojekten im Bereich Elektro- und Gebäudetechnik haben das Walldorfer Unternehmen in Schieflage gebracht. Ein bereits geschlossener Kaufvertrag mit einem Investor kam nicht zustande. Die Eigenverwaltung soll nun genutzt werden, um sich neu auszurichten. Sanierungsspezialist Jochen Sedlitz (Grub Brugger) wurde in die Geschäftsführung geholt, um die Maßnahmen zu leiten. Der vorläufige Sachwalter Marc-Philippe Hornung (SZA Schilling, Zutt & Anschütz) überwacht die Sanierung.

Der Spielwarenhersteller Haba Familygroup hat erfolgreich seinen Sanierungsprozess abgeschlossen. Die Insolvenz in Eigenverwaltung wird Ende Februar beendet. Das Unternehmen musste großzügig Personal abbauen: Die Mitarbeiterzahl wurde von knapp 2.000 auf rund 1.000 halbiert. Zudem hat Haba seinen Fokus neu ausgerichtet auf Holzspielwaren sowie Ausstattung für Kindergärten.

Alles zum Thema

Insolvenz

Welche Formen der Insolvenz gibt es? Welche Unternehmen sind betroffen? Die wichtigsten Praxistipps und aktuelle Fälle in der Übersicht.

Distressed-M&A-Deals

Die Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) hat das
St. Josefs Krankenhaus in Hilden aufgekauft, nachdem sich dieses in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung befand. Insolvenzexpertin Ruth Rigol und M&A-Spezialist Norman Werner (beide Pluta) haben die Geschäftsführung der GFO bei der Transaktion beraten. Die Klinik in Hilden, die von der Schließung bedroht war, wird nun gemeinsam mit dem St. Martinus Krankenhaus der GFO in Langenfeld unter dem neuen Namen GFO Kliniken Mettmann-Süd geführt. Die Übernahme umfasst das St. Josefs Krankenhaus Hilden, das Facharztzentrum MEDIPLUS, das Katholische Bildungszentrum Haan sowie die Abteilung der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des St. Lukas Krankenhauses in Solingen.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Mit der einstimmigen Zustimmung der Gläubigerversammlung im Eigenverwaltungsverfahren ebnet sich der Polstermöbelhersteller Willi Schillig den Weg zur Sanierung. Als Sanierungsgeschäftsführer war Ole Brauer (Anchor) tätig. Durch gezielte Sanierungsmaßnahmen und die Unterstützung von Kunden und Lieferanten wird das 75-jährige Unternehmen fortgeführt. Die Umstrukturierung zeige bereits positive Auswirkungen auf die Unternehmenskennzahlen. Allerdings sind im Zuge der Restrukturierung 100 der 225 Arbeitnehmer entlassen worden.

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Nach erfolgreicher Sanierung geht Peek & Cloppenburg (P&C) Pionier-Wege in der angeschlagenen Modeindustrie. Der Modehändler plant eine Neuausrichtung an seinen bundesweit 69 Standorten. Geschäftsführer Thomas Freude kündigte gegenüber der Rheinischen Post an, in einigen Filialen die Verkaufsflächen zu reduzieren und auf „Mixed-Use-Konzepte“ mit Hotels oder Büros zu setzen. Das Ziel sei, die Filialen profitabler zu gestalten und mehr Umsatz sowie Gewinn zu erzielen. P&C will sich künftig Rabattschlachten entziehen und nur am Ende einer Saison Nachlässe auf bestimmte Artikel anbieten, um den Bestand zu bereinigen. Die Sanierung des Düsseldorfer Modehändlers erfolgte im vergangenen Jahr durch ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, bedingt durch die Pandemie, den Ukraine-Krieg und Online-Herausforderungen.  

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Die internationale Kanzlei Baker McKenzie hat ihre Restrukturierungs- & Insolvenz-Praxis zum Februar mit einer neuen Counsel verstärkt. Andrea Soprano war zuvor bei Noerr als Associated Partner tätig. Sie berät die gesamte Klaviatur der Restrukturierungsberatung. Das Team von Baker McKenzie war mit Joachim Ponseck als Praxisgruppenleiter und Artur Swierczok im Januar 2021 an den Start gegangen. Mit Soprano wird sich das Kernteam aus einem Partner, zwei Counseln, einer Senior Associate und einem Associate zusammensetzen.

Info

Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den JUVE Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.