Streit um Insolvenzverfahren bei Eyemaxx

Was sich angedeutet hatte, wurde Ende vergangener Woche Fakt: Eyemaxx ist umgekippt, der Immobilienentwickler meldete am Donnerstag Insolvenz an. Konkret hat das Aschaffenburger Unternehmen Insolvenz ohne Eigenverwaltung beantragt – beim Landesgericht Korneuburg in Österreich. Das bringt nun die Anleihegläubiger auf die Barrikaden, die zum juristischen Gegenschlag ausholen. Auslöser für die Zahlungsunfähigkeit war eine am 26. Oktober fällige Anleihezinszahlung von 1,5 Millionen Euro, die Eyemaxx nicht leisten konnte. Als Ursache dafür nannte Eyemaxx „nicht eingegangene Zahlungsflüsse aus getätigten Projektverkäufen im mittleren einstelligen Millionenbereich“. Jetzt geht es für Investoren um viel Geld: Insgesamt hat Eyemaxx drei Anleihen mit einem Wert von 135 Millionen Euro auf dem Markt. OneSquare stellt Gegenantrag auf Insolvenz in Deutschland Für die Bondholder wird es neben der Pleite durch die gewählte Art des Insolvenzantrags noch schmerzlicher, gelten in Österreich bei der Gläubigermasse im Insolvenzverfahren doch andere Regeln als im deutschen Recht. Schon in anderen Fällen gab es harte Auseinandersetzungen zwischen Gläubigern und Unternehmensmanagern um die Wahl des Gerichtsstands in einem Insolvenzverfahren, ein Fall liegt sogar beim Europäischen Gerichtshof. Dies passiert nun auch bei Eyemaxx: Das Beratungshaus OneSquare, das zusammen mit der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek die Anleihegläubiger berät, stellte vergangene Woche einen Fremdantrag auf Insolvenz am Eyemaxx-Firmensitz in Aschaffenburg. Aus Unternehmenskreisen ist zu hören, dass „die Situation noch eskalieren wird“. Denn während Eyemaxx‘ Firmensitz in Aschaffenburg ist, haben Unternehmensleitung und Verwaltung ihren Sitz in der Nähe von Wien. Warum sich Eyemaxx für ein Sanierungsverfahren in Österreich entschieden hat, das ähnlich dem deutschen Schutzschirmverfahren ist, ließ das Immobilienunternehmen gegenüber FINANCE unkommentiert. Das Unternehmen hat am 29. Oktober, kurz vor der Insolvenzanmeldung, Chief Operating Officer Kurt Rusam als zweites Mitglied neben CEO Michael Müller in den Vorstand berufen. Laut einer Mitteilung von OneSquare hat Eyemaxx zudem vergangene Woche den Fachanwalt für Insolvenzrecht Dirk Eichelbaum als Generalbevollmächtigten in Deutschland bestellt, einen ehemaligen Mitarbeiter der Kanzlei Buchalik Brömmekamp. Erste Details zum Eyemaxx-Insolvenzverfahren Doch während die Auseinandersetzung zwischen dem Vorstand und den Vertretern der Bondholder gerade erst beginnt, schaffen die Gerichte schon Fakten: Das Verfahren in Österreich wurde bereits eröffnet und Ulla Reisch zur Insolvenz- und Masseverwalterin bestellt. Das Unternehmen soll während des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden. Restrukturierungsmaßnahmen seien bereits eingeleitet und ein Sanierungsplan erarbeitet worden. Das Gericht in Korneuburg bestellt einen Verwalter, der das Sanierungsverfahren kontrollieren soll. Eyemaxx plant, seinen Gläubigern eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent zahlen, was bei einem Gesamtwert der Anleihen von 135 Millionen Euro 27 Millionen Euro wären. Das Geld soll innerhalb von drei Jahren gezahlt werden. 20 Prozent sind die gesetzliche Mindestquote bei einem Insolvenzverfahren ohne Eigenverwaltung in Österreich. Mit Eigenverwaltung beträgt die Mindestquote 30 Prozent. Genau hier liegt der große Unterschied zum deutschen Insolvenzverfahren, wo die Quote für die Gläubiger anhand der Verwertung von vorhandenen Assets berechnet wird. Bei dem letzten testierten Jahresabschluss 2018/19 lag der Wert der Assets von Eyemaxx bei 195,8 Millionen Euro, was darauf hindeuten könnte, dass eine höhere Recovery-Quote erreichbar sein könnte als die in Aussicht gestellten 20 Prozent. Eyemaxx ließ auch diese Kalkulation unkommentiert. Zudem sieht das österreichische Insolvenzrecht für Inhaber deutscher Anleihen keinen gemeinsamen Vertreter vor. Jeder Anleihegläubiger muss seine Forderung selbst anmelden und am Verfahren sowie den Abstimmungen selbst teilnehmen oder sich vertreten lassen. Eyemaxx: Absturz mit Vorwarnung Am 26. Januar nächsten Jahres soll über den vorgelegten Sanierungsplan abgestimmt werden. „Der enge Zeitplan deutet darauf hin, dass das Verfahren seitens der Gesellschaft von langer Hand vorbereitet ist und ein Sanierungsplan, der die Gläubiger mit einer Quote von 20 Prozent abfinden soll, erarbeitet wurde“, schreibt OneSquare in einer Mitteilung. Auch die „FAZ“ schreibt, dass Insolvenzrechtskenner schon bei der Zinsaussetzung für den jetzigen Zeitpunkt eine Insolvenz prophezeit hätten, weil der entsprechende Antrag spätestens drei Wochen vor dem absehbaren Eintreten der Zahlungsunfähigkeit zu stellen sei. Zudem gab es schon seit Monaten gleich drei Hinweise darauf, dass Eyemaxx in Schwierigkeiten steckt. Zunächst musste Eyemaxx seine Anleihe-Covenants anpassen, da das Unternehmen drohte, den KPI der Mindesteigenkapitalquote zu reißen. Zweitens ist der Jahresabschluss 2019/2020 immer noch nicht vom Wirtschaftsprüfer Prüfer Ebner Stolz testiert worden, obwohl Ende Oktober sogar schon das folgende Geschäftsjahr 2020/2021 beendet wurde. Drittens erlaubte sich Eyemaxx im Frühjahr eine heikle Formulierung bei der Einladung zur Anleihegläubigerversammlung, die das Unternehmen schon damals um seine Existenz hätte bringen können. Info Auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) fordert, dass ein Insolvenzverfahren in Deutschland eröffnet wird und hofft auf die Stimmausübung der Anleihegläubiger. „Aus Sicht der SdK ist das Vorgehen des Vorstands der Eyemaxx AG höchst fragwürdig. Zunächst ist verwunderlich, dass der Insolvenzantrag in Österreich statt am Unternehmenssitz der Gesellschaft in Aschaffenburg gestellt wurde. Neben dem Unternehmenssitz befinden sich auch zahlreiche Standorte des Unternehmens in Deutschland. Ferner hat das Unternehmen drei Anleihen nach deutschem Recht begeben”, schreibt SdK in einer Mitteilung. Unschöne Trades von Eyemaxx-Chef Müller Doch nicht nur deswegen geriet Eyemaxx und insbesondere Firmenchef Michael Müller in die Kritik. Er verkaufte rund eineinhalb Wochen vor Verkündung der Anleihezinsaussetzung 227.500 Eyemaxx-Aktien. Auch die Meldung eines anderen Mittelstandanleihen-Emittenten, bei dem Michael Müller Aufsichtsratschef ist, ließ aufhorchen. Das Research-Haus SRC Research warnte davor, dass es bei VST Building Technologies ein deutlich erhöhtes Insolvenzrisiko gäbe. Der Bauzulieferer wehrte sich dagegen und teilte mit: „VST ist nicht zahlungsunfähig. Richtig ist, dass das schlechte wirtschaftliche Umfeld als Folge der Covid-19-Pandemie auch bei VST und ihren Konzerngesellschaften deutlich nachteilige Auswirkungen hat. Dies schließt auch die bereits mitgeteilte Insolvenz der Premium Syscon in Dänemark mit ein. Der Vorstand arbeitet derzeit intensiv an Maßnahmen.“ Der Kurs dieser Mittelstandsanleihe ist auf 10 Prozent vom Nennwert abgestürzt, noch tiefer als die Eyemaxx-Papiere. OneSquare hofft auf Sekundärinsolvenz OneSquare hofft nun, mit dem Fremdantrag in Aschaffenburg die Aussichten der Gläubiger auf Recovery noch verbessern zu können. Doch bis wann entschieden wird, ob durch den Fremdantrag ein Sekundärinsolvenzverfahren in Deutschland eröffnet werden kann, ist offen. Sollte dieser Antrag jedoch genehmigt werden, würde eine wichtige Sache passieren: Die in Deutschland befindlichen Assets von Eyemaxx müssten auch in Deutschland verwertet werden und fielen dann nicht unter den in Österreich vorgelegten Sanierungsplan. sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

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