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Windeln.de kann Insolvenz nicht abwenden

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windeln.de
Der Vorstand sieht keine Zukunft mehr für windeln.de. Foto: Aufort Jérome-stock.adobe.com

Beim Versandhändler Windeln.de kriselte es schon lange. Nun wird der Konzern Insolvenz beantragen. Dies hat der Vorstand am vergangenen Freitagabend beschlossen, weil er „keine positive Fortbestehensprognose mehr“ feststellen konnte. Den Antrag zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens will er nach eigenen Angaben „unverzüglich“ einreichen.

KPMG hatte das Testat verweigert

Dem Unternehmen fehlte letztlich frisches Geld. Im Juli hatte der Vorstand die im Januar beschlossene Kapitalerhöhung abgebrochen. Zwei chinesische Investoren sollten neue Aktien mit einem Volumen von insgesamt bis zu 5,5 Millionen Euro erwerben. Nach Angaben von windeln.de hatten die beiden Investoren ihre vertraglichen Verpflichtungen im Hinblick auf die Kapitalerhöhung nicht erfüllt.

Ohne die Beteiligung der beiden Investoren erwartete der Vorstand keine Erlöse aus der Kapitalerhöhung (Bezüge und Privatplatzierung) in einer relevanten Höhe. Damals war windeln.de „weder zahlungsunfähig noch überschuldet im insolvenzrechtlichen Sinne“, betonte das Unternehmen noch.

Nach der geplatzten Kapitalerhöhung hatten allerdings die Wirtschaftsprüfer von KPMG dem Versandhändler im August das Testat verweigert. Die Begründung dafür: Zweifel an der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit.

Windeln.de hat keine Investoren gefunden

Zwar hatte der Vorstand weiter nach Investoren gesucht und entsprechende Verhandlungen über die „Bereitstellung weiterer Finanzmittel im Rahmen einer weiteren Kapitalerhöhung“ geführt. Da diese mittlerweile gescheitert sind, „geht der Vorstand nunmehr jedoch davon aus, dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit mehr besteht, dass der zusätzliche Finanzbedarf der Gesellschaft durch Investoren gedeckt werden kann.“ Aus diesem Grund sieht der Vorstand keine Zukunft mehr für das Unternehmen.

Der Onlineversandhändler für Produkte rund ums Kind agiert vor allem in den deutschsprachigen Ländern sowie in China. Dort erwirtschaftete es im ersten Halbjahr 2022 einen Umsatz von mehr als 18 Millionen Euro, während es in der DACH-Region weniger als 5 Millionen Euro waren.

Trotz anhaltend starker Nachfrage – besonders in China – ging der Gesamtumsatz im ersten Halbjahr 2022 um fast 20 Prozent zurück. Windeln.de führt dies überwiegend auf „Lieferengpässe eines Lieferanten“ zurück.

Erst gehyped, dann Pennystock

Windeln.de blickt auf bewegte Jahre zurück. Im Jahr 2010 gegründet, ging der Onlinehändler im Mai 2015 an die Börse und wurde mit einer halben Milliarde Euro bewertet. Die Geschäfte liefen damals prächtig, die Hoffnungen waren groß. Doch danach ging es stetig fast nur noch bergab.

Seitdem hat das Unternehmen mehrfach Kapitalerhöhungen durchgesetzt. Anleger, die beim Börsengang eingestiegen waren, hatten bereits im Jahr 2021 mehr als 99 Prozent ihres Investments verloren. Im April 2021 warf der CFO Nikolaus Weinberger das Handtuch.

Im Juni 2021 konnte das Unternehmen nach einer Kaufempfehlung bei „Reddit“ kurzzeitig binnen einer Woche einen Wertzuwachs von 600 Prozent verzeichnen – von 70 bis 80 Cent auf mehr als 5 Euro pro Aktie. Dieser Hype von windeln.de hielt jedoch nur kurz an. Heute notiert die Aktie knapp über 20 Cent.

Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.