Newsletter

Abonnements

EU-Gericht erklärt Condor-Staatshilfen für nichtig

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Condor konnte durch den Einstieg von Attestor seine Flugzeugflotte erneuern. Foto: Olaf Schulz - stock.adobe.com
Condor konnte durch den Einstieg von Attestor seine Flugzeugflotte erneuern. Foto: Olaf Schulz - stock.adobe.com

Das Gericht der Europäischen Union hat die Genehmigung einer deutschen Staatshilfe für Condor für nichtig erklärt. Die Fluggesellschaft hatte nach der Insolvenz ihrer ehemaligen Muttergesellschaft Thomas Cook Umstrukturierungshilfen in Höhe von 321 Millionen Euro vom Bund erhalten. Die finanziellen Hilfen zur Restrukturierung wurden 2021 von der Europäischen Kommission genehmigt.

Gegen diese Genehmigung hatte die Fluggesellschaft Ryanair geklagt und bekommt nun Recht. Das Gericht übt in seinem Urteil vor allem Kritik an der Europäischen Kommission. Die Kommission, die die Vergabe von Staatshilfen überprüft, um unfaire Wettbewerbsvorteile zu verhindern, habe die Beihilfen „nicht ohne Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens genehmigen dürfen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Konkret hätte die Behörde prüfen sollen, ob die staatlichen Gelder „dem Erfordernis einer angemessenen Lastenverteilung“ gerecht werden. Dieses Erfordernis ist Teil der Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen. Die deutschen Beihilfen hätten demnach nur gewährt werden dürfen, wenn dem Staat im Gegenzug ein „angemessener Anteil an künftigen Wertgewinnen“ von Condor zugesichert worden wäre. Dieses Erfordernis sei im Fall Condor nicht von der Kommission überprüft worden.

Auswirkungen des Urteils sind unklar

Zurückzahlen muss die Fluggesellschaft die Finanzhilfen jetzt jedoch nicht zwangsläufig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und es könnte vor der nächsthöheren Instanz, dem Europäischen Gerichtshof, noch einmal gegen das Urteil vorgegangen werden. Zudem hätte die Kommission die Möglichkeit, ihren Beschluss unter bestimmten Umständen nachzubessern.

So war die europäische Behörde in einem früheren Fall vorgegangen, in dem es um die Bewilligung von Corona-Hilfen für Condor ging. Auch hier saß die Airline Ryanair auf der Klägerseite. Ryanair hat bereits mehrfach erfolgreich gegen die Genehmigung von staatlichen Beihilfen in verschiedenen Ländern geklagt.

Alles zum Thema

Restrukturierung

Sparprogramme, Verlagerungen, Bilanzsanierung: Kaum ein Unternehmen kommt über die Jahre ohne eine Restrukturierung aus. Für Sanierungsberater ist das ein gutes Geschäft.

Profit wird die Fluggesellschaft aus dem jetzigen Urteil jedoch nicht schlagen können, denn nach Auffassung des Gerichts habe sie nicht nachweisen können, dass ihre wettbewerbliche Stellung durch die Beihilfen beeinträchtig sein könnte. Die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Beschlusses konnten die Iren also nicht beanstanden.

Condor scheint die Entscheidung des Gerichts derweil nicht zu beunruhigen. Gegenüber der FAZ teilte eine Sprecherin der Airline mit: „Das Urteil hat keine Auswirkungen auf Geschäftslage und Flugbetrieb von Condor.“ Dass die Beihilfen für nichtig erklärt werden könnten, ist auch im Geschäftsbericht aus dem Jahr 2022 festgehalten. Dort heißt es im Risikobericht: „Sollten die Klagen Erfolg haben, müssten die Darlehen refinanziert werden. Dies ist in den Kaufverträgen zwischen Regierung und Attestor bereits geregelt.“

Finanzinvestor Attestor sollte Stabilität bringen

Der Finanzinvestor Attestor hatte im Jahr 2021 die Mehrheit der Anteile an der kriselnden Airline übernommen. Die Genehmigung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission war Bestandteil der Closing-Bedingungen des M&A-Deals, wie eine Condor-Sprecherin damals gegenüber FINANCE mitteilte.

Attestor hatte 51 Prozent der Anteile der Fluggesellschaft übernommen und die Airline mit 200 Millionen Euro frischem Eigenkapital und 250 Millionen Euro für den Umbau der Flugzeugflotte versorgt. Die Option für den Kauf der restlichen Anteile in Höhe von 49 Prozent sicherte sich der Finanzinvestor ebenfalls.

Mit der Übernahme durch Attestor sollte endlich Ruhe in der gebeutelten Fluggesellschaft einkehren. Nach der Insolvenz des Mutterkonzerns Thomas Cook im Jahr 2019 geriet auch Condor in Schieflage. Der Bund musste die Fluggesellschaft damals mit einem Überbrückungskredit von 380 Millionen Euro unterstützen und die Airline beantragte ein Schutzschirmverfahren. Zusätzlich zu den finanziellen Einbußen durch die Coronakrise platze dann auch die Übernahme durch die Muttergesellschaft der polnischen Fluggesellschaft Lot im Jahr 2020.