Es ist ein Lebenszeichen aus Bayern: Ein erster Entwurf des Sanierungsgutachtens für Baywa fällt positiv aus. Das teilte der strauchelnde Agrarkonzern in der Nacht auf Dienstag per Ad-hoc mit. In dem Entwurf bescheinigen die Sanierungsexperten von Roland Berger demnach, dass Baywa „unter bestimmten Voraussetzungen saniert und mittelfristig ihre operative Wettbewerbs- und Renditefähigkeit wieder hergestellt werden kann“.
Roland Berger war Mitte Juli auf Drängen der kreditgebenden Banken vom Baywa-Vorstand mit der Erstellung eines Sanierungsgutachtens gemäß IDW-S6-Standard beauftragt worden. Die Banken waren nervös geworden, nachdem die Finanzlage des hoch verschuldeten SDax-Mitglieds im Jahresverlauf immer prekärer wurde.
Für seinen jahrelangen Wachstumskurs mit Diversifizierung und Internationalisierung des Geschäfts hatte Baywa immense Schulden aufgenommen. Ende März lag die Nettoverschuldung bei rund 5,2 Milliarden Euro bei einem operativen Gewinn vor Abschreibungen von 318 Millionen Euro im Jahr 2023. Die stark gestiegenen variablen Zinszahlungen bei diversen Finanzierungsinstrumenten fraßen zuletzt das Ergebnis auf. Gleichzeitig lief es auch operativ schlechter.
Im Frühjahr bekam Baywa dann auch noch Probleme bei der Refinanzierung, als die Emission einer neuen Anleihe scheiterte. Der im Juni fällige Green Bond mit einem Volumen von 500 Millionen Euro musste schließlich aus vorhandenen Finanzmitteln zurückgezahlt werden, was die Liquidität verknappte.
Sanierungsgutachten: Baywa soll sich gesundschrumpfen
Die Sanierungsgutachter kommen nun zu dem Schluss, dass es einer mehrjährigen Restrukturierung bedarf, um Baywa mittelfristig wieder zukunftsfähig aufzustellen. Wenig überraschend soll es dabei „zahlreiche“ Einsparmaßnahmen im operativen Geschäft geben. Worum es sich dabei genau handelt, wurde zunächst nicht mitgeteilt, allerdings ist mit harten Einschnitten zu rechnen.
Auch der Verkauf einzelner Geschäftsbereiche gehört wie erwartet zum Konzept. Weit oben auf der Liste dürfte dabei die problembehaftete erneuerbare-Energien-Tochter Baywa Re stehen. Ein Verkauf der Solarsparte hatte Baywa auch vor der Eskalation in diesem Sommer schon auf der Agenda, war dabei allerdings nicht erfolgreich.
Offene Finanzierung: Verhandlungen mit Banken laufen
Der Baywa-Vorstand ist trotz der unverändert prekären Lage optimistisch, dass auch die Gläubiger eine Sanierung mittragen werden: „Die Verhandlungen mit den Finanzierungspartnern und wesentlichen Stakeholdern über das Sanierungskonzept sowie die Neuordnung der Finanzierung verlaufen weiterhin konstruktiv“, heißt es dazu in der Ad-hoc-Mitteilung. Die Anleger nahmen den Ausblick auf eine Lösung positiv auf: Die Aktie reagierte am Morgen mit einem zweistelligen Kurssprung.
Allerdings ist Baywa noch längst nicht gerettet. Auch ist unklar, wie groß der weitere kurzfristige Finanzbedarf ab Oktober ist. Das Finanzierungspaket, das der Agrarkonzern Mitte August mit seinen beiden größten Gesellschaftern sowie den kreditgebenden Banken ausgehandelt hatte, brachte kurzfristig frische Liquidität in Höhe von rund 550 Millionen Euro, um die Finanzierung bis zunächst Ende September zu sichern. Die in dem Zuge geschlossenen Standstill-Vereinbarungen mit den kreditgebenden Banken können bis Jahresende verlängert werden.
Weitere Erkenntnisse zur Finanzlage des Konzerns werden am Freitag erwartet. Dann steht die Veröffentlichung der Halbjahreszahlen an, die Baywa wegen seiner akuten Finanzierungskrise und des ausstehenden Sanierungsgutachtens verschoben hatte.
Lena Scherer ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Publizistik, Anglistik und Komparatistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz studiert und nebenbei für verschiedene Redaktionen gearbeitet. Bevor sie zu FINANCE kam, war sie mehr als acht Jahre lang beim Branchen-Fachdienst buchreport aktiv, zuletzt als Co-Chefredakteurin. Dort hat sie unter anderem Marktanalysen vorgenommen sowie die Bereiche Fachinformation, Recht/Wirtschaft/Steuern und Digitales betreut.