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Leoni steht vor entscheidenden Wochen

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Leoni verkauft einen weiteren Teil des Kabelgeschäfts. Foto Leoni.
Leoni verkauft einen weiteren Teil des Kabelgeschäfts. Foto Leoni.

Weiterer M&A-Deal bei Leoni: Der angeschlagene Autozulieferer verkauft einen Teil seines Kabelgeschäfts. Wie Leoni am gestrigen Dienstag bekanntgab, plant das Unternehmen die Business Group Automotive Cable Solutions („BGAM“) an die Thailänder Stark Corporation zu verkaufen.

„Mit der Entscheidung stärken wir unsere Bilanz, unterstützen die laufenden Refinanzierungsgespräche und treiben unsere bekannte strategische Fokussierung auf das Geschäft mit Bordnetzsystemen weiter voran“, kommentiert Leoni-CEO Aldo Kamper die Transaktion. Der Vollzug des Verkaufs steht wie üblich noch unter dem Vorbehalt der Fusionskontroll- und Investitionskontrollfreigaben. Diese werden in den kommenden sechs Monaten erwartet.

Spartenverkauf bringt Leoni 400 Millionen Euro

Im Bereich Automotive Cable Solutions bündeln die Nürnberger ihr Geschäft mit Spezialkabeln für Autos. BGAM erzielte im vergangenen Jahr ein Umsatzvolumen von rund 1,3 Milliarden Euro. Durch den Verkauf erhofft sich Leoni – nach Abzug der Pensionslasten und Finanzverbindlichkeiten – Einnahmen in Höhe von „deutlich über 400 Millionen Euro“. Der Unternehmenswert („Enterprise Value“) von BGAM wird von Leoni auf 560 Millionen Euro taxiert.

Der Kauferlös werde sich laut Mitteilung „entsprechend positiv auf den berichteten Free Cashflow auswirken“. Der freie Cashflow von Leoni war im abgelaufenen Geschäftsjahr mit 12 Millionen Euro negativ.

Schon im vergangenen Jahr hatte sich Leoni weitgehend von seinem Geschäft mit Industriekabeln getrennt. Im Herbst 2021 verkaufte der Konzern den größten Teil an den US-Wettbewerber Bizlink und nahm so 300 Millionen Euro ein.

Bei Leoni stehen Refinanzierungen an

Die aktuelle Transaktion steht laut Leoni im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Refinanzierungskonzepts, an dem der Zulieferer aktuell arbeitet. Das Nürnberger Traditionsunternehmen befinde sich mit wesentlichen Finanzierungspartnern in „konstruktiven, fortgeschrittenen“ Gesprächen, hieß es. Dafür käme eine Verlängerung und Anpassung der bestehenden Kreditlinie über das Jahr 2022 hinaus in Frage. Die Finanzierungspartner müssen dem aktuellen M&A-Deal auch noch zustimmen.

Zudem überlegt das Management um CEO Kamper und dem seit wenigen Wochen amtierenden CFO Harald Nippel, neue Aktien auszugeben oder eine Wandelschuldverschreibung zu platzieren. So sollen noch einmal 50 Millionen Euro Erlös erzielt werden. Allerdings will der Konzern sich auf diese Komponente noch nicht final festlegen: Es könne auch sein, dass man letztlich auf die Aufnahme von Eigenkapital verzichtet, so Leoni weiter.

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Cash-Drain, CFO-Wechsel, verpatzte Projekte und kassierte Prognosen: Der Automobilzulieferer Leoni braucht frisches Geld und will sich aufspalten. Nicht nur Börsianer, auch die Kreditgeber sind alarmiert.

Das Kapital aus dem M&A-Deal und auch aus einer Eigenmittelaufnahme könnte Leoni gut gebrauchen. Bei den Nürnbergern stehen in den kommenden Monaten erhebliche Refinanzierungen an. Der Zulieferer verfügt über einen Corona-Kredit in Höhe von 330 Millionen Euro, den das Unternehmen bis Ende des Jahres zurückzahlen muss. Hinzu kommen fest zugesagte bilaterale Kreditlinien in Höhe von knapp 250 Millionen Euro, die ebenfalls 2022 auslaufen.

Im kommenden Jahr wartet ein weiterer Kreditbrocken auf Leoni, den es abzutragen gilt: Im Juni 2023 endet Leonis revolvierende Kreditlinie (RCF) über 750 Millionen Euro. Üblicherweise wird der sogenannte „Revolver“ etwa ein Jahr im voraus refinanziert. Auch wenn Leoni sich zuversichtlich zeigt: Es dürften noch schwierige Gespräch auf CFO Nippel warten.

Neben den Krediten hat Leoni Schuldscheine im Volumen von 400 Millionen Euro am Markt, die zwischen 2022 und 2028 fällig werden. Laut des Geschäftsberichts 2021 muss Leoni in diesem Jahr Schuldscheine im Wert von 50 Millionen Euro zurückzahlen. Im kommenden Jahr werden noch einmal fast 100 Millionen Euro an Schuldscheinen fällig.

Bei Leoni kriselt es schon länger

Leoni befindet sich seit Jahren in einer Krise. Schon vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs war Leoni in Schieflage geraten, kämpfte mit den Folgen der Corona-Pandemie sowie hausgemachten Problemen. Die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei mickrigen 6,7 Prozent.

Der Autozulieferer ist durch den Ukraine-Krieg nun noch zusätzlich stark beeinträchtigt, da Leoni zwei Produktionsstätten in der Ukraine mit insgesamt 7.000 Beschäftigten hat. Im März kassierte Leoni die Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2022. Anfang dieses Jahres konnte Leoni immerhin verkünden, mit dem erfahrenen Harald Nippel einen CFO-Nachfolger für Ingrid Jägering gefunden zu haben. Jägering wechselt zum Gartenwerkzeughersteller Stihl.

Aktienkurs Leoni

Der Druck bei Leoni ist entsprechend groß. Der Kapitalmarkt scheint von den Plänen der Nürnberger nicht vollständig überzeugt zu sein. Nach der Ankündigung für die geplante Kapitalmaßnahme brach die Aktie von über 8 Euro auf zwischenzeitlich 7,50 Euro ein, erholte sich aber nach der Ankündigung des Teilverkaufs der Kabelsparte wieder. Im vergangenen Jahr haben die Leoni-Papiere ein Drittel an Wert eingebüßt.

eva.brendel[at]finance-magazin.de

Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.