Mode-CFOs rechnen mit Restrukturierungswelle

CFOs im deutschen Modehandel rechnen in den kommenden Monaten mit einer Restrukturierungswelle in ihrer Branche. Das ist ein Ergebnis einer neuen Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger. Für die „CFO Pulse Survey“ wurden 28 CFOs aus großen deutschen Modehandelsunternehmen zur wirtschaftlichen Lage und zu Maßnahmen im Finanzbereich befragt. Mehr als zwei Drittel der Befragten rechnen demnach mit weiteren Restrukturierungen in der Branche, nachdem die Zahl der Restrukturierungsfälle und Insolvenzen schon im Jahr 2023 deutlich angestiegen war. Görtz, Gerry Weber, Hallhuber, aber auch Multilabel-Händler wie Peek & Cloppenburg und nicht zuletzt Galeria sind nur einige Beispiele für bekannte Marken, die öffentlichkeitswirksam in die Pleite gerutscht sind. Neben der Inflation und der gestiegenen Personalkosten hatte die Modebranche zuletzt vor allem mit der schwachen Konjunktur und der Konsumflaute zu kämpfen. „Der Zinsanstieg und die dadurch bedingten Herausforderungen bei der Kreditversorgung verursachten zusätzliche Belastungen. In der Folge gerieten immer mehr Unternehmen in die Krise“, heißt es im „CFO Pulse Survey“. Rabattaktionen sichern Liquidität, schaden aber der Marge Um Überbestände abzubauen und kurzfristig die Liquidität zu verbessern, hat 2023 fast die Hälfte der befragten Unternehmen mehr Rabatt- und Verkaufsaktionen initiiert als im Vorjahr, lautet ein Ergebnis der Befragung. „Mit den Rabattschlachten hat man sich aber Margenprobleme geschaffen“, sagt Studienautor Benjamin Rassler. 2023 seien daher auch drohende Covenant-Brüche ein Thema für Finanzchefs gewesen. Rassler ist Partner und Mitglied der Plattform Restrukturierung, Performance & Transaction im Münchener Büro von Roland Berger. Er verfügt über Expertise im Fashion-&-Lifestyle-Segment und berät bekannte Handelsmarken. Er sagt: „Die Stimmung im deutschen Modehandel war nach dem vergangenen Jahr, in dem sich die Insolvenzen gehäuft haben, schlecht. Nachdem das erste Quartal auch noch eher verhalten verlief, bessert sich die Stimmung derzeit etwas.“ Die finanzielle Lage habe sich mittlerweile etwas stabilisiert, aber die Branche stehe kostenseitig weiter unter Druck. Viele Unternehmen hätten daher Kostensenkungs- und Performance-Programme aufgelegt. Maue Konjunktur drückt Umsatzerwartungen für 2024 Benjamin Rassler ist Partner und Mitglied der Plattform Restrukturierung, Performance & Transaction im Münchener Büro von Roland Berger. Foto: Roland Berger GmbH Laut der aktuellen Studienergebnisse bleibt die abgekühlte Konjunktur die größte Sorge der Mode-CFOs mit einer Zustimmungsrate von 64 Prozent. Deutlich abgenommen hat die Sorge vor der Inflation (25 Prozent, minus 50 Prozentpunkte), die im Vorjahr noch als die größte Herausforderung galt. Auf der Sorgen-Skala nach oben gerückt sind dagegen die Herausforderungen durch die anhaltenden geopolitischen Spannungen (50 Prozent, plus 11 Prozentpunkte) sowie der Personalmangel (43 Prozent, plus 11 Prozentpunkte). Auch die steigenden Personalkosten bleiben eine Herausforderung (50 Prozent, minus 7 Prozentpunkte). Hier erwarten die befragten CFOs eine Kostensteigerung von im Schnitt 8 Prozent. Insgesamt rechnet der Großteil der befragten CFOs (64 Prozent) in diesem Jahr mit Umsätzen annähernd auf Vorjahresniveau. Immerhin 28 Prozent rechnen mit einem deutlicheren Umsatzplus von 5 Prozent und mehr gegenüber 2023, nur 8 Prozent erwarten Rückgänge. Liquiditätsplanung und Performance als Top-Prioritäten Zu den gedämpften Nachfrageaussichten passt, dass die meisten Mode-CFOs die operative Leistungsfähigkeit priorisieren: Das Gros der Befragten hat die kurzfristige Liquiditätsplanung ganz oben auf seiner Agenda stehen (64 Prozent), dicht gefolgt von Performance-Programmen (61 Prozent) und Szenario-Analysen (50 Prozent). In mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen läuft bereits ein Performance-Programm, im Laufe des Jahres will zudem jedes fünfte Unternehmen noch ein entsprechendes Programm aufsetzen. Die größte Herausforderung sehen die CFOs dabei in der konsequenten Umsetzung der Maßnahmen, so Rassler. Denn viele Unternehmen im Modehandel hätten sehr lange von einer stabilen Entwicklung mit auskömmlichen Margen profitiert und keine Liquiditätsprobleme gehabt. „Wer einen Headroom von 100 Millionen Euro hat, hat keinen Druck, sich mit Liquiditätsplanung zu befassen oder strukturelle Probleme anzugehen.“ Dadurch seien in der Vergangenheit auch Hausaufgaben liegen geblieben, die es jetzt umso konsequenter nachzuholen gelte. Insgesamt die Hälfte der befragten CFOs sieht einen hohen oder sehr hohen grundlegenden Transformationsbedarf in der Modebranche, 46 Prozent bewerten den Bedarf als neutral und nur 4 Prozent als niedrig. Imageproblem erschwert Bankenkommunikation Obwohl der Modehandel insbesondere seit der Corona-Pandemie zunehmend unter Druck steht, will Rassler die pauschale Einschätzung einer Krisenbranche so aber nicht stehen lassen: „Trotz der vielen Hiobsbotschaften über kriselnde Marktteilnehmer stehen nicht alle Unternehmen schlecht da. Betrachtet man die Unternehmen der Branche differenzierter, gibt es auch weiterhin vereinzelt sehr erfolgreiche Firmen mit auskömmlichen Ebitda-Margen von 15 bis 20 Prozent.“ Dennoch: Die aktuell hohe Kapitalbindung, die angespannte Ergebnis- und Liquiditätssituation sowie hohe Zinsen schwächen die Innenfinanzierungskraft der Unternehmen, die während der Pandemie teilweise massiv Schulden angehäuft haben. Angespannt sei die Liquiditätssituation aktuell dort, wo Refinanzierungen fällig werden, erklärt Rassler: „Es ist schwieriger geworden, Banken und Finanzierer an Bord zu holen.“ Auch die Hälfte der in der Roland-Berger-Studie befragten CFOs nimmt bei den Finanziers eine verschlechterte Stimmung gegenüber der Branche wahr als noch 2023. 29 Prozent setzen daher auf eine proaktive Kommunikation mit Kreditversicherern und Finanzierungspartnern als vertrauensbildende Maßnahme. Das hält auch Rassler für wichtig, weil es neue Spielräume eröffnen könne. Jeder zweite befragte CFO prüft derzeit nach eigenen Angaben auch alternative Finanzierungsquellen. Factoring und Private Debt sind dabei mit je 35 Prozent Anteil am beliebtesten. Anleihen (18 Prozent) und Gesellschaftereinlagen (12 Prozent) werden ebenfalls als Optionen geprüft.

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