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Restrukturierungs-News: The Social Chain, Ahlers, Curata

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Das Unternehmen The Social Chain der beiden Investoren Georg Kofler und Ralf Dümmel ist insolvent. Foto: RTL/Michael Maurer

The Social Chain ist insolvent

Das E-Commerce- und Social-Media-Unternehmen The Social Chain ist insolvent. Nur zwei Wochen nachdem das Unternehmen mit einer Rüge der Finanzaufsicht Bafin aufgrund von Bilanzierungsfehlern in Höhe von 60 Millionen Euro Schlagzeilen machte, hat der Vorstand nun den „Wegfall der positiven Fortbestehensprognose“ bekanntgegeben und Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Der Vorstand besteht mittlerweile allerdings mit CFO Andreas Schneider nur noch aus einer Person, nachdem CEO Georg Kofler und COO Stefan Kiwit ihre Posten mit sofortiger Wirkung abgegeben haben.

Das Unternehmen macht die „nicht erfolgte Einzahlung von vertraglich unwiderruflich zugesicherten Zeichnungsbeträgen durch einen Investor“ für den Insolvenzantrag verantwortlich. Dieser Umstand hatte eine Ende Juni beschlossene Kapitalerhöhung verzögert. Obwohl der Vorstand nach eigener Aussage versucht hat, weitere Investoren zu finanziellen Spritzen zu bewegen, konnte der kurzfristige Finanzbedarf des Unternehmens nicht gedeckt werden. Die im Juni 2023 beschlossene Kapitalerhöhung wurde abgesagt.

Die DS Holding von Ralf Dümmel und ihre Tochtergesellschaften sowie die Drtv Agency sind nicht von dem Insolvenzantrag betroffen. Dennoch bleibt unklar, wie die Geschäftsbetriebe der weiteren Beteiligungsgesellschaften fortgeführt werden. Als vorläufiger Sachwalter von The Social Chain ist Friedemann Schade (BRL) bestellt. Zudem begleitet die Kanzlei Görg das Verfahren.

Insolventer Herrenmodehersteller Ahlers findet Käufer

Der insolvente Herrenmodesteller Ahlers hat einen Käufer gefunden. Der Modehändler Röther hat angekündigt, große Teile von Ahlers zu übernehmen. Die Röther-Gruppe wird demnach die für die Fortführung des Geschäftsbetriebs der Ahlers-Gruppe notwendigen materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände erwerben. Dazu gehören die Marken Pierre Cardin, Baldessarini, Pioneer Jeans und Pionier Berufskleidung. Auch die Auslandstöchter in Polen, der Schweiz, Frankreich, Österreich, Ungarn und Spanien und die Produktion in Sri Lanka gehen an Röther.

„Der Veräußerungserlös steht den Gläubigern zu“, so die Mitteilung von Ahlers. Die Aktionäre, darunter die Familie von CEO Stella Ahlers, gehen leer aus. Als Insolvenzverwalter waren Biner Bähr und Bero-Alexander Lau (White & Case) tätig.

Ahlers hatte im April wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzanträge für sich selbst und sieben Tochtergesellschaften gestellt. Grund waren laut Unternehmensangaben die Auswirkungen der Corona-Pandemie, gestörte Lieferketten, die allgemeine Kaufzurückhaltung und die hohe Inflation.

Sanierung von Pflegekonzern Curata abgeschlossen

Nach rund sieben Monaten ist die Sanierung der Curata Gruppe beendet. Unter der Ägide des Generalbevollmächtigten Oliver Damerius (BBL) eröffnete die Holding sowie weitere sechs Gesellschaften ihr Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung im Januar. Wesentliche Gründe für die Insolvenz waren die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie, stark gestiegene Energie- und Lebensmittelkosten sowie der Fachkräftemangel in der Pflege.

Der Restrukturierung sind nun neun Standorte zum Opfer gefallen. Laut Damerius waren diese maßgeblich für die Schieflage der Curata Gruppe verantwortlich. Aufgrund der Sparmaßnahmen sei die Gruppe mit einer zusätzlichen Verhandlung der Mietkonditionen mit Abschluss der Eigenverwaltung wieder profitabel. Damit sei allen Bewohnerinnen und Bewohnern – einschließlich derer der neun geschlossenen Standorte – weiterhin einen Platz in der Pflegeeinrichtung gesichert.

Dr. Schneider geht nach Indien

Dr. Schneider hat einen Käufer gefunden. Im September 2022 stellte der Automobilzulieferer einen Insolvenzantrag. Nun mündet das Schicksal des Kronacher Unternehmens nach rund zehn Monaten in einen Distressed M&A-Deal. Insolvenzverwalter Joachim Exner (Dr. Beck) verkauft Dr. Schneider für 118,3 Millionen Euro inklusive 4500 Mitarbeitenden an den indischen Autoteile-Hersteller Samvardhana Motherson International (SMIL).

Gründe für die Insolvenz des Automobilzulieferers waren die Auswirkungen der Coronakrise. Mit SMIL schließt sich Dr. Schneider einem Autoteile-Hersteller an, der an über 300 Standorten in 41 Ländern vertreten ist und zahlreiche Automobilhersteller beliefert. Damit können mit dem Spezialgebiet von Dr. Schneider – Innenraum-Ausstattungen für Fahrzeuge, vor allem Belüftungen, Ablagen, Verkleidungen und Mittelkonsolen – Synergien gehoben werden.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Die Rotkreuzklinik Lindenberg hat wegen enormer Kostensteigerungen, Inflation, Energiekrise und den Nachwirkungen der Corona-Pandemie ein Schutzschirmverfahren beantragt. Als Generalbevollmächtigter begleiten Mark Boddenberg und Markus Kohlstedt von der Kanzlei Eckert das Verfahren. Das Unternehmen wird während des Verfahrens in normalem Betrieb weitergeführt.

Distressed M&A-Deals

Der Werkzeug- und Maschinenbauer Steinkamp hat mit Hilfe des Sanierungsexperten Stefan Meyer (Pluta) 18 Monate nach seinem Insolvenzantrag einen neuen Investor gefunden. Während der Restrukturierung lief der Betrieb nach eigener Aussage stabil weiter, unter anderem, weil Kunden weiterhin mittel- und langfristige Aufträge vergeben hatten. Zudem seien einzelne Mitarbeiter zu dem Unternehmen zurückgekehrt, die Belegschaft umfasse derzeit 108 Personen. Mit diesem gestärkten Profil hat der Unternehmer Markus Lindenstruth, bereits Gesellschafter von drei weiteren mittelständischen Maschinenbauern, das Traditionsunternehmen Steinkamp übernommen.

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Seit dem vergangenen Dienstag ist der Restrukturierungsplan von Leoni rechtskräftig, da das Landgericht Nürnberg-Fürth sämtliche gegen den Planbestätigungsbeschluss eingelegten Beschwerden verworfen hat. Der Restrukturierungsplan von März 2023 sieht unter anderem eine Herabsetzung des Grundkapitals von Leoni auf null Euro vor.

Dies führt zu einem Ausscheiden der bisherigen Aktionäre und einem Delisting der Aktie, der Investor Pierer übernimmt Leoni. Bei der Leoni-Restrukturierung handelt es sich um das bisher größte Starug-Verfahren. Leoni wurde dabei von den Kanzleien Gleiss Lutz und Latham Watkins beraten, zudem wurden die Kreditgeber von Leoni von Freshfields beraten. Die Corporate-Finance-Beratung Herter & Co. agierte als Sole Financial Advisor von Leoni.

Knorr-Bremse plant eine längerfristige Restrukturierung. Der Bremsenhersteller will „konsequent Trennungsschritte einleiten oder Unternehmensteile einem straffen Sanierungsplan unterziehen”, so CEO Marc Llistosella. Im Fokus stehen dabei Unternehmensteile mit einem Umsatzvolumen von insgesamt bis zu 1,4 Milliarden Euro. Der Konzern will zudem seine operative Ebit-Marge bis 2026 auf 14 Prozent steigern.

Der Schuhgroßhändler Pölking befindet sich derzeit in einer umfassenden Sanierung. So soll das Einzelhandelsgeschäft des Unternehmens konsolidiert und restrukturiert werden. Dafür will Pölking vier Filialen von seinem Schwesterunternehmen Lemax und dessen Onlineshop übernehmen. Die Standorte der Marke P.S. Schuhe, die nicht Teil des Sanierungskonzepts von Pölking sind, seien „nicht wirtschaftlich“ und müssen bis September schließen. Durch die Übernahme der vier Standorte können nur 25 der rund 60 Arbeitsplätze bei Lemax gesichert werden. Als Sachwalter agiert Stefan Meyer (Pluta).

Info

Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.