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Restrukturierungs-News: Traumhaus AG, Arcona Hotels, Mein Real

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Die Traumhaus AG musste Anfang Dezember in die Eigenverwaltung. Trotz ihres Konzeptes des seriellen und standardisierten Bauens - das als günstige und risikoarme Bauweise gilt -, ist das Unternehmen wie viele andere Immobilienunternehmen ins Straucheln geraten. Foto: moritz - stock.adobe.com
Die Traumhaus AG musste Anfang Dezember in die Eigenverwaltung. Trotz ihres Konzeptes des seriellen und standardisierten Bauens - das als günstige und risikoarme Bauweise gilt -, ist das Unternehmen wie viele andere Immobilienunternehmen ins Straucheln geraten. Foto: moritz - stock.adobe.com

Traumhaus auf der Kippe?

Die Traumhaus AG hat Anfang dieser Woche ein Eigenverwaltungsverfahren eröffnet. Nachdem der Vorstand alle bestehenden Optionen des Wiesbadener Immobilienunternehmens geprüft hat, soll die Eigenverwaltung dazu dienen, nicht in die Zahlungsunfähigkeit zu rutschen. Zahlreiche Wohnungssiedlungsprojekte stehen dadurch vor einer ungewissen Zukunft.

Von den Verfahren sind neben der Traumhaus AG auch ihre Tochtergesellschaften Heinrich Hildmann Gesellschaft für energieeffizientes Bauen sowie die Traumhaus Fertigteilwerk betroffen. Durch die mit dem   eingesetzte Kaufrückhaltung, explodierenden Zinsen und politischen Fehlgriffen wie dem Wegfall des KfW-Programms seien die Unternehmen in einen enormen Liquiditätsengpass geraten, teile das Unternehmen mit.

Der börsennotierte Häuserbauer hat derzeit mehrere Sanierungsmaßnahmen im Köcher: Das Unternehmen berichtet einerseits von Gesprächen mit strategischen Investoren, andererseits von neuen Vereinbarungen mit den finanzierenden Banken, die Neubewertung verschiedener laufender Geschäfte sowie weitere operative Sanierungsmaßnahmen. Als vorläufiger Sachwalter wurde Stephan Laubereau (Pluta) bestellt.

Sanierung für Küsten- und Bergerholung bei Arcona

Die Hotelgruppe Arcona hat Ende November Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Seit der Corona-Pandemie  hat die Hotelbranche schwer unter Umsatzeinbußen gelitten. Die Engpässe bei der Energieversorgung sowie die hohe Inflation kamen für die Branche erschwerend hinzu. Diese Ereignisse haben auch Arcona in die Knie gezwungen.

Der Gruppen-Insolvenzantrag gilt ausschließlich für die deutschen Betriebe unter anderem auf Rügen, Usedom und Sylt sowie in Weimar und Eisenach. Die Gruppe zielt bei der Eigenverwaltung auf einen Gesamterhalt ab und will sich für die Zukunft neu aufstellen.

Für die insgesamt rund 500 betroffenen Mitarbeiter seien die Gehälter durch das Insolvenzausfallgeld bis Ende Januar gesichert, so das Unternehmen. Rechtsanwältin Ulrike Hoge-Peters (HGW Rechtsanwälte) ist als vorläufige Sachwalterin bestellt worden.

Mein Real ist verkauft

Im Oktober hat Mein Real Insolvenz angemeldet, jetzt ist das Aus für die Supermarktkette besiegelt. Von den 63 Filialen gehen 18 Mein-Real-Standorte in die Hände von Rewe über, der Rest der Märkte schließt endgültig. Die Gewerkschaft Verdi geht mit Eigentümer SCP schwer ins Gericht: „Der Investor SCP entzieht sich seiner Verantwortung und die Steuerzahler kommen durch Zahlung des Insolvenzgeldes dafür auf“, kommentiert der Verdi-Landessekretär für den Einzelhandel NRW, Heino Georg Kaßler, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Die 45 Märkte werden voraussichtlich Ende März des kommenden Jahres schließen. 3.500 Menschen sind von dem endgültigen Aus betroffen. Trotz bisheriger Bemühungen sei kein Abnehmer gefunden worden, teilte das Unternehmen mit. Der Geschäftsbetrieb soll bis März gewohnt fortgesetzt werden.

TEH Textilhandel: Erst Haftbefehl, dann Insolvenz

TEH Textilhandel, die das Modehaus Aachener und zwei Outlets betreibt, hat Insolvenz angemeldet. Der Geschäftsbetrieb soll an allen neun Standorten gewohnt weiterlaufen. Parallel dazu werden Sanierungs- und Investorenlösungen geprüft. Christoph Schulte-Kaubrügger (White & Case) ist zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

Das Modehaus geriet Anfang November in die Schlagzeilen, weil sein Gründer per Haftbefehlt gesucht wird. Er war Anfang November nicht zu einem Gerichtstermin erschienen und ist seitdem flüchtig. Ihm wird vorgeworfen, falsche Angaben zu seinem Vermögen gemacht zu haben. Bei Redaktionsschluss war er weiterhin untergetaucht.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Immobilienunternehmen kommen auch am Jahresende nicht zur Ruhe. Die Mannheimer Alpha Real Estate hat für diverse Unternehmen der Gruppe Insolvenzantrag gestellt, woraufhin eine vorläufige Eigenverwaltung angeordnet wurde. Von der Insolvenz sind neben mehreren Objektgesellschaften auch die Alpha Real Estate Holding, die Alpha Real Estate Finance und die Alpha Property Management betroffen. Jens Lieser (Lieser Rechtsanwälte) berät die Unternehmen als vorläufiger Sachwalter. Zusätzlich wird die Holding von Restrukturierungsexperten von AC Tischendorf Rechtsanwälte unterstützt sowie von den Sanierungsexperten Marc Schneider und Timo Schips (Turnaround Management Partners).  Als Generalbevollmächtigte begleiten Alexander Höpfner, Sven Tischendorf und Felix Melzer die Eigenverwaltung. Im Rahmen der Restrukturierung hat CEO Peter Buhrmann das Unternehmen bereits Ende November verlassen. CFO Martin Lenz hat die Geschäftsführung übernommen.

Ende November musste auch der E-Moped-Hersteller Unu in die Insolvenz. Gründe seien gestiegene Material- und Transportkosten, höhere operationelle Aufwendungen und die stark eingebrochene Nachfrage im Zuge der Inflation. Das Berliner Unternehmen will sich sanieren und führt daher seinen Betrieb in der Insolvenz weiter. Weil Unu in diesem Jahr sein Roller-Abonnement grundlegend erneuert und zudem seine Offline-Präsenz mit Handelspartnern ausgebaut hat, sieht Insolvenzverwalter Gordon Geiser (GT Restructuring) „gute Chancen, eine Sanierungslösung zu erreichen und den Verkauf sowie den Service der Roller fortzuführen.“

Die Papierfabrik Hainsberg geht in die Eigenverwaltung und will sich damit neu aufstellen. „Die Eigenverwaltung bietet uns die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit und bei laufendem Betrieb unsere Finanzierung neu zu ordnen“, so die Geschäftsführer Dietrich Arnhold und Krystyna Saworska. Das Traditionsunternehmen ist durch die gestiegenen Energiepreisen ins Straucheln geraten, zudem binden Kapitaldienste auf alte Darlehen einen erheblichen Teil der Einnahmen, so das Unternehmen. Verhandlungen über eine Anschlussfinanzierung für einen auslaufenden Kreditvertrag seien gescheitert, weshalb sich die Papierfabrik nun für eine Eigenverwaltung entschlossen hat. Die Sanierer Thomas Mulansky und Torsten Sommer (Mulansky + Kollegen) unterstützen die Geschäftsführung bei der Sanierung.

Fünf Gesellschaften der Gießereigruppe Gienanth sind in ein vorläufiges Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestartet. Nach der Gienanth GmbH sind nun auch die Gienanth Group und Gienanth Sales, Fronberg Guss sowie Gienanth Zaigler MBA betroffen. Die gemeinsame Sanierung wird von Jan Markus Plathner (Brinkmann & Partner) als vorläufiger Sachwalter begleitet, während die Geschäftsführung bei der Sanierung von einem Team um Jürgen Erbe (Schultze & Braun) beraten wird. „Die einzelnen Gesellschaften sind jeweils operativ gut aufgestellt und verfügen über engagierte Belegschaften. Durch die Gruppenbeziehungen ist es jedoch geboten, sie jeweils in die Sanierung einzubeziehen, um die Zukunftsaussichten für alle Gruppenteile gleichermaßen zu erhalten und zu sichern“, so Geschäftsführer Torsten Stein. 

Die Insolvenz der Signa Holding treibt weitere Unternehmen des Firmengeflechts in die Pleite. Ende November hat die Signa Holding einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt, dem am Wiener Handelsgericht stattgegeben wurde. Wenige Stunden nach Bekanntwerden der Insolvenz kippte die erste Tochter: Sport-Scheck ist ebenfalls in die Insolvenz gegangen. Die Schweizer Signa Retail Selection, die Dachgesellschaft von Galeria Karstadt Kaufhof, hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Insolvenz eine Nachlassstundung bei Gericht beantragt, wie das Unternehmen mitteilte. Damit wolle sie sich von der Holding entkoppeln und das operative Geschäft geordnet liquidieren.

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Signa-Krise

Die Signa Holding, das Firmenimperium von René Benko, bröckelt. Speziell das Immobiliengeschäft steht unter Druck. Wie gefährlich ist die Lage?

Distressed M&A

123 Jahre Tradition sind gesichert. Der Glaswerkhersteller Weck hat einen neuen Eigentümer gefunden. Die Investmentgruppe Aurelius hat sich gegen mehrere, internationale Interessenten durchgesetzt, wie das Unternehmen mitteilte. Alle Produktionsstandorte bleiben erhalten, das Verlagsgeschäft wird allerdings eingestellt. Im Juni musste Weck Insolvenz anmelden. Die Transaktion wurde vonseiten Wecks von Alexandra Schluck-Amend (CMS Hasche Sigle) rechtlich beraten, M&A-Berater Volker Wintergerst (Wintergerst) beriet das Traditionsunternehmen im Rahmen der Verkaufsprozesses.

Auch das Sortier- und Siebmaschinenunternehmen Mogensen hat einen neuen Investor gefunden. Die Tochter der Allgaier Gruppe ist mithilfe von Christian Heim (Pluta) an die in Dülmen ansässige Joest Group, die in der Schüttgutaufbereitung tätig ist, verkauft worden. Der Kauf inkludierte zudem die beiden Unternehmen in Spanien und Schweden. Allgaier und Mogensen befindet sich seit Juni in der Insolvenz, im September wurde für Mogensen das Verfahren eröffnet. Dennoch konnte der Betrieb erfolgreich fortgeführt werden, es wurde sogar neue Mitarbeiter eingestellt.

Das größte Auktionshaus für Kunst im deutschsprachigen Raum, Dorotheum, hat ein Frankfurter Pfandleihhaus aus der Insolvenz gekauft. Die Österreicher haben damit ihre erste Präsenz in Deutschland erworben. Das Pfandleihhaus aus Wien betreibt 25 österreichische Filialen und hat im Juli 2018 das Pfandleihgeschäft der UniCredit Italien übernommen. Damit ist es zum größten Pfandleihinstitut Europas aufgestiegen. Bei der Transaktion in Frankfurt wurde das Dorotheum von einem Team rund um Andreas Kloyer (Luther) beraten. Das Frankfurter Pfandleihhaus wurde durch Insolvenzverwalter Stephan Laubereau (Pluta) an den neuen Investor übergeben. Mit seiner Hilfe wurde der Betrieb des Leihhauses über fünf Jahre nach Insolvenzeröffnung gewinnbringend fortgeführt.

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Der ehemalige KTG-Agrar-Chef wird erneut der Insolvenzverschleppung beschuldigt. Im Zusammenhang mit der Pleite der Wohnmobilfirma Flexicamper wurde Siegfried Hofreiter Mitte November festgenommen. Ihm wird Insolvenzverschleppung und Betrug in 34 Fällen vorgeworfen, berichtet das Wirtschaftsmagazin „Capital“. Das ist nicht das erste Mal, dass Hofreiter wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht steht. Vor sieben Jahren ging das einst börsennotierte Unternehmen KTG in die Pleite und rund 12.000 Anleger wurden um fast 350 Millionen Euro gebracht. Auch damals war er wegen Insolvenzverschleppung angeklagt. Auf Anfrage von „Capital“ bestätigte die Staatsanwaltschaft München II, die seit dem Sommer im Fall der geprellten Wohnmobilkäufer die Ermittlungen führt, die Festnahme der Flexicamper-Geschäftsführer sowie eines weiteren Beschuldigten.

Die vor Jahren geprellten Anleger des Containerunternehmens P&R sollen noch vor Weihnachten eine weitere Abschlagsverteilung erhalten. Weitere rund 200 Millionen Euro werden an die mehr als 54.000 P&R-Gläubiger ausgezahlt. Damit sind insgesamt 544 Millionen Euro auf mehr als 86.000 Einzelforderungen in den vier P&R-Insolvenzverfahren verteilt worden, berichten die Insolvenzverwalter Michael Jaffé und Philip Heinke (Jaffé Rechtsanwälte). Vor der Insolvenz hatten die deutschen P&R-Gesellschaften in großem Umfang Seefrachtcontainer an Anleger verkauft. Demnach hätte es rund 1,6 Millionen Container im Bestand geben müssen, tatsächlich vorhanden waren bei Insolvenzantragstellung jedoch nur rund 618.000 Stück.

Großinsolvenzen wieder auf Corona-Niveau

In Deutschland kehren Großinsolvenzen zurück, besonders die Sektoren Kliniken und Mode-Einzelhandel sind betroffen. Das zeigt eine neue Studie der Allianz Trade. Die Zahl der großen Pleiten in Deutschland nimmt mit 45 Fällen in den ersten neun Monaten 2023 Kurs auf das Rekord-Niveau von 2020.

Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Quelle: Allianz Research/Allianz Trade Studie Insolvenz-Update Q3 2023
Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Quelle: Allianz Research/Allianz Trade Studie Insolvenz-Update Q3 2023

Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum im Jahr 2022 waren es mit 26 großen Insolvenzen ein gutes Drittel weniger, 2021 waren es gerade mal 17. Das ist eine Zunahme um 73 % gegenüber dem Vorjahr beziehungsweise 165 % im Vergleich zu 2021, zeigt eine Studie von Allianz Trade. 2020 markierte den höchsten Stand der Insolvenzen seit 2016 mit damals 58 Großinsolvenzen im Gesamtjahr und 44 Fällen im Vergleichszeitraum in den ersten neuen Monaten.

„Besonders viele große Pleiten gab es im bisherigen Jahresverlauf im (Mode-)Einzelhandel, bei Krankenhäusern und im Maschinenbau“, sagt Maxime Lemerle, Leiter Insolvenzforschung bei Allianz Trade. Insgesamt zwölf große Textilunternehmen und Modeeinzelhändler schlitterten bis September 2023 in die Insolvenz sowie acht Dienstleistungsunternehmen, darunter sechs Kliniken. Das passt zu dem Lagebild des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), nachdem zwei Drittel der deutschen Kliniken ihre finanzielle Lage aktuell als schlecht oder sehr schlecht bezeichnen, bei den mittelgroßen Kliniken sind dies sogar noch mehr. Im Maschinenbau (5 Fälle) sowie in der Metall- (4) und der Baubranche (3) gab es ebenfalls einige große Pleiten.

Unternehmensinsolvenzen in Deutschland nach Branchen, 1. Halbjahr 2023, Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent. Quelle: Allianz Research, Eurostat/Allianz Trade Studie Insolvenz Update Q3 2023
Unternehmensinsolvenzen in Deutschland nach Branchen, 1. Halbjahr 2023, Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent. Quelle: Allianz Research, Eurostat/Allianz Trade Studie Insolvenz Update Q3 2023

Deutschland ist nicht alleine im Krisenmodus: „Das Risiko von Zahlungsausfällen steigt nicht nur in Deutschland, sondern mit den Niederlanden, den USA und Frankreich auch in gleich drei der wichtigsten deutschen Exportmärkte. Deutsche Unternehmen sollten daher gleich doppelt wachsam sein bezüglich drohender Schneeballeffekte und auf Warnsignale bei ihren Abnehmern achten“, so Lemerle.

Info

Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.