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Restrukturierungsnews: Pluradent, Eisenmann, Lichtmiete

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Der Dentalfachhändler Pluradent hat nach der Eigenverwaltung vor rund zwei Jahren nun ein Schutzschirmverfahren beantragt. Foto: Friends Stock - stock.adobe.com
Der Dentalfachhändler Pluradent hat nach der Eigenverwaltung vor rund zwei Jahren nun ein Schutzschirmverfahren beantragt. Foto: Friends Stock - stock.adobe.com

Pluradent muss erneut restrukturieren

Rund zwei Jahre, nachdem das Unternehmen eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchlaufen hat, musst der Offenbacher Dentalfachhändler Pluradent erneut restrukturieren. Das Unternehmen, das im Sommer 2020 von dem auf Unternehmen in Sondersituationen spezialisierten Investor Deutsche Mittelstandsholding übernommen wurde, hat ein Schutzschirmverfahren beantragt. Grund seien strukturelle Marktveränderungen. Pluradent will sich nun unter dem Schutzschirm sanieren, danach soll dann einer Mitteilung zufolge „der Zusammenschluss von Pluradent mit einem europäischen Marktteilnehmer erfolgen“.

Als Generalbevollmächtigter begleitet Martin Mucha (Grub Brugger) die Geschäftsführung während des Verfahrens. Geschäftsführer ist seit Ende Januar der Interimsmanager Roland Hartmann (Bachert & Partner). Vorläufige Sachwalterin ist Julia Kappel-Gnirs (Hermann Wienberg Wilhelm).

Auslandstöchter der Eisenmann-Gruppe verkauft

Mit dem Verkauf mehrerer Tochterunternehmen im Ausland ist der Investorenprozess für die insolvente Eisenmann-Gruppe abgeschlossen: Laut Insolvenzverwalter Joachim Exner (Dr. Beck & Partner) bleiben dadurch rund 1.000 Arbeitsplätze an Standorten in China, den USA, Südamerika sowie Europa erhalten.

Details zu den Investoren und Kaufpreisen nannte Exner nicht, es seien aber durch die Verkäufe „zusätzliche und erhebliche Erlöse zugunsten der Gläubiger“ erzielt worden. Die Eisenmann-Gruppe hatte im Jahr 2019 Insolvenzantrag gestellt. Zum Jahresende galt AE Industry, die deutsche Automotive-Tochter der chinesischen Sinomach, als Kaufinteressent. Doch die Coronakrise kam der Transaktion in die Quere. Die Teile der Gruppe wurden schließlich einzeln verkauft. Die vier deutschen Töchter wurden bereits im Herbst 2020 an neue Investoren übertragen.

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Restrukturierung

Sparprogramme, Verlagerungen, Bilanzsanierung: Kaum ein Unternehmen kommt über die Jahre ohne eine Restrukturierung aus. Für Sanierungsberater ist das ein gutes Geschäft.

Deutsche Lichtmiete: Staatsanwaltschaft sichert Vermögenswerte

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat im Fall der Deutschen Lichtmiete die vorläufige Sicherung von Vermögenswerten angeordnet. Den Vermögensarresten liege der Verdacht zugrunde, dass die Beschuldigten in den Prospekten zu den vier Mittelstandsanleihen „bewusst irreführende Angaben gemacht haben oder haben machen lassen, um auf diese Weise Investorengelder einzuwerben und den wirtschaftlichen Fortbestand der Deutsche Lichtmiete Unternehmensgruppe sowie ihr eigenes Einkommen aus der Tätigkeit dort zu sichern, während eine Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtungen aufgrund der Ertragslage der Unternehmensgruppe nicht zu erwarten war“, heißt es in dem Schreiben.

Auch gegen Verantwortliche und wirtschaftlich Berechtigte der Lichtmiete Holding in der Schweiz wurden Vermögensarreste erlassen. Gegen diese hegt die Staatsanwaltschaft den Verdacht, „dass die Beschuldigten im Zuge der Veräußerung von Partizipationsscheinen der in der Schweiz ansässigen Lichtmiete Holding AG im zweiten Halbjahr 2021 bewusst irreführende Angaben hinsichtlich der wirtschaftlichen Verfassung der Deutsche Lichtmiete Unternehmensgruppe gemacht haben oder haben machen lassen, um auf diese Weise Investorengelder für eine Beteiligung der Lichtmiete Holding AG an der Deutsche Lichtmiete Unternehmensgruppe einzuwerben und den wirtschaftlichen Fortbestand der Deutsche Lichtmiete Unternehmensgruppe sowie ihr eigenes Einkommen aus der Tätigkeit dort zu sichern, während ihnen aufgrund der Ertragslage der Unternehmensgruppe bekannt war, dass die Beteiligung der Lichtmiete Holding AG nicht werthaltig sein würde“.

Die Staatsanwaltschaft betont in beiden Fällen, dass die Verfahren noch nicht abgeschlossen seien, es gelte die Unschuldsvermutung. Unterdessen tritt Lichtmiete-Vorstand Gert Sieger nach nur einem Monat bereits wieder ab. Er hat in einem Brandbrief die ermittelnden Behörden scharf kritisiert. Allerdings könnte die Sache auch für Sieger ein Nachspiel haben, die Staatsanwaltschaft prüft den Verdacht der Insolvenzverschleppung.

20 Jahre nach der Pleite: Holzmann verschwindet

Rund zwei Jahrzehnte nach der Insolvenz soll der Frankfurter Baukonzern Philipp Holzmann AG endgültig aus dem Handelsregister gestrichen werden. Das 2002 begonnene Insolvenzverfahren war 2019 abgeschlossen worden. Vor der Löschung eines Unternehmens muss jedoch geprüft werden, ob noch Vermögenswerte einer Gesellschaft existieren. Die Gläubiger hatten früheren Meldungen zufolge nach der Insolvenz eine Quote von 18,3 Prozent auf ihre Forderungen erhalten.

Holzmann beschäftigte vor der Insolvenz rund 23.000 Mitarbeiter. Das Unternehmen arbeitete an Bauten wie dem Hamburger Rathaus, der Alten Oper in Frankfurt und dem Nord-Ostsee-Kanal mit. Der weitverzweigte Konzern soll am Ende mehr als 500 Tochter- und Enkelgesellschaften umfasst haben.

Distressed M&A-Deals

Der bayerischen Tiernahrungsspezialist B.A.F. Group geht an einen strategischen Investor, teilte Insolvenzverwalter Joachim Exner (Dr. Beck & Partner) mit. Der Name des neuen Eigentümers wurde nicht genannt, die mehr als 30 verbliebenen Mitarbeiter sollen ihre Arbeitsplätze behalten. B.A.F. wurde 1998 gegründet und hatte im Oktober 2021 Insolvenzantrag gestellt.

Der Werftdienstleister Odiseya in Kiel wird über einen Management-Buy-out weitergeführt. Das auf Korrosionsschutz spezialisierte Unternehmen mit 160 Mitarbeitern hatte im Januar 2022 Insolvenzantrag gestellt, Verwalter war Wilhelm Salim Khan Durani von Cornelius + Krage. Den M&A-Prozess begleitete das Beratungshaus Centuros.

Das Insolvenzverfahren des Medizintechnikunternehmens Hartmann ist zum 31. März aufgehoben worden. Das Unternehmen wurde über einen Insolvenzplan saniert und hat den strategischen Investor Membra Pure neu an Bord. Beide Unternehmen haben in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet. Den M&A-Prozess begleitete Simon Leopold (ABG Consulting-Partner). Sachwalter des Eigenverwaltungsverfahrens war Nils Freudenberg (Kanzlei Tiefenbacher). Den Sanierungsprozess begleitete Roman-Knut Seger (BDO Restructuring). Hartmann war durch den Wegfall eines Großkunden in Schieflage geraten.

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Distressed M&A

Die Coronakrise bringt einen Boom an Distressed M&A-Deals. Die wichtigsten Besonderheiten bei den Transaktionen und aktuelle Fälle gibt es hier im Überblick.

Das Unternehmen Robcore aus Hannover übernimmt das auf die Entwicklung kollaborativer Roboter spezialisierte Start-up Yuanda Robotics aus der Insolvenz. Der Gründer von Yuanda ist auch Teil des Robcore-Teams. Insolvenzverwalter war Silvio Höfer (Anchor), den M&A-Prozess leitete Sigma Corporate Finance.

Der Fliesenspezialist Fliesen Röhlich übernimmt den Geschäftsbetrieb der Ulmer Knehr Fliesenverlegung aus der Insolvenz. Das Unternehmen hatte im Februar wegen Liquiditätsschwierigkeiten Insolvenzantrag gestellt, Verwalter war Ilkin Bananyarli (Pluta).

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Die Gläubigerversammlung des Pflegedienstes PZA hat einem Vergleich zugestimmt, der laut Insolvenzverwalter Georg Jakob Stemshorn (Pluta) die zu erwartende Quote „deutlich“ erhöhen soll. Das Insolvenzverfahren werde nun zeitnah aufgehoben, weitere zivilrechtliche Verhandlungen oder strafrechtliche Ermittlungen gegen Privatpersonen blieben davon unberührt, teilte der Verwalter mit. Mehrere Pflegedienste in Augsburg, darunter auch PZA, sind wegen des Verdachts auf Betrug in den Fokus der Staatsanwaltschaft geraten. Durch den Vergleich soll eine einstellige Millionensumme der Insolvenzmasse zufließen. Das Insolvenzverfahren über PZA wurde Ende 2020 eröffnet.

Das Amtsgericht Heilbronn hat Ende März das Insolvenzverfahren der Fima Maschinenbau aufgehoben, zuvor hatten die Gläubiger einstimmig für den von Insolvenzverwalter Steffen Rauschenbusch (Kanzlei Ernestus) vorgelegten Sanierungsplan votiert. Am Firmensitz in Obersontheim bleiben dadurch rund 100 Arbeitsplätze erhalten. Grundlage des Plans ist der Einstieg des Investors Fontes Mittelstandskapital, der sich finanziell sowie mit personeller Verstärkung einbringt.

Nach der Freigabe durch das Bundeskartellamt sind die Rönner Gruppe und die Gustav Zech Stiftung seit Ende März offiziell neue Eigentümer der Lloyd Werft in Bremerhaven. Das vorläufige Insolvenzverfahren wurde beendet. Die neuen Gesellschafter halten jeweils 50 Prozent der Geschäftsanteile an dem Unternehmen.

Die Sanierung in Eigenverwaltung des Elektroenergietechnikers PBP Preiss. Alt aus dem bayerischen Breitengüßbach ist abgeschlossen. Die Gläubiger erhalten eine Quote von mehr als 94 Prozent, teilten die Restrukturierer mit. Peter Roeger, Maximilian Pluta sowie Ludwig Stern (alle Kanzlei Pluta) begleiteten das Unternehmen im Rahmen des Restrukturierungsprozesses, zudem war Restrukturierungsmanager Markus Urrutia (Consabis) beratend tätig. PBP Preiss. Alt hatte 2016 eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Robert Wartenberg von Raab & Kollegen war Sachwalter des Verfahrens. Das Unternehmen ist mittlerweile im Zuge einer übertragenden Sanierung an einen neuen Investor übergegangen und soll künftig unter neuem Namen geführt werden.

Weitere Restrukturierungen und Branchennews

Ekosem-Agrar ist durch den Ukraine-Krieg in finanzielle Schieflage geraten und will seine Anleihen restrukturieren. Die Anleihegläubiger sollen zustimmen, die Bonds um jeweils fünf Jahre zu verlängern. Die Kupons sollen von derzeit 8,5 und 7,5 Prozent auf jeweils 2,5 Prozent sinken, die Anleihen wären dann 2027 und 2029 zur Rückzahlung fällig. Zudem sollen die Gläubiger einem qualifizierten Rangrücktritt für die Zinszahlungen zustimmen. Für den Fall eines Kontrollwechsels bei den operativen Gesellschaften in Russland sollen die Investoren sogar komplett auf die Rückzahlungsoption verzichten. In einem solchen Fall könne man „nur durch einen Verkauf der Anteile an eine in Russland ansässige Gesellschaft einen Totalverlust der Vermögenswerte vermeiden“, schreibt das Unternehmen. Im Interesse der Anleihegläubiger sei es erforderlich, auf diesen Fall vorbereitet zu sein. Die Ekosem-Gruppe ist nach eigenen Angaben marktführender Produzent im russischen Rohmilchmarkt.

Die Modekette Orsay will Medienberichten zufolge alle Verträge ihrer Standorte in Deutschland zum 1. Juli kündigen. Dies beinhalte Mietverträge, Arbeitsverträge und alle Verträge mit Zulieferern und Partnerfirmen. Orsay hatte Ende November ein Schutzschirmverfahren eingeleitet. Schon damals gab es Gerüchte über einen möglichen Verkauf aus der Restrukturierung heraus. Die Kündigung soll laut Unternehmen eine präventive Maßnahme sein, damit Vermieter und Mitarbeiter sich auf eine mögliche Schließung einstellen könnten. Die Zukunft der stationären Läden sei derzeit unklar, man sei in Verhandlungen mit potentiellen neuen Partnern.

Der neu gegründete Verein „Deutscher Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstag“ (DRIT) hat seine Führungsspitze gewählt. Der DRIT will als Plattform zum Austausch dazu beitragen, den Umgang mit Krisen und Insolvenzen in Deutschland international wettbewerbsfähig zu gestalten. Er sieht sich als neutraler Verein, der sich nicht an den Interessen einer bestimmten Berufsgruppe orientiert. Zum Vorsitzenden des Vereins und Präsidenten wurde Gerhard Pape gewählt, Vizepräsidenten ist Stephan Beth. Schatzmeister ist Volker Beissenhirtz, weiteres Vorstandsmitglied ist Lars Hosbach. Geschäftsführer des DRIT ist André Rombach, der die Geschäftsstelle des Vereins in Erfurt leitet. Leiter der Ständigen Deputation des DRIT ist Markus Gehrlein. Der Verein will künftig auch einen Deutschen Restrukturierungs- und Insolvenzgerichtstag veranstalten.

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Der auf finanzielle Restrukturierungen spezialisierte Daniel Kamke ist neuer Partner im Düsseldorfer Büro von Fieldfisher. Mit ihm wechseln die Senior Associates Fabian Schumann und Carsten Lamberth sowie dem Associate Dominic Weber in die Corporate-Praxis, das Team arbeitete zuvor gemeinsam bei CMS. Die deutsche Corporate-Praxis von Fieldfisher wächst der Kanzlei zufolge dadurch auf 36 Anwälte an, darunter zwölf Partner.

Christian Rösler hat sich als Senior Consultant der Unternehmensberatung Döhmen Consulting angeschlossen. Er war zuvor rund drei Jahre für die Restrukturierungsberatung Plenovia in Düsseldorf tätig. Sascha Haggenmüller und Wolf-Heinrich Werling, beide ehemals als Senior Manager für Deloitte tätig, haben gemeinsam die Transformationsberatung Radial gegründet. Das Beratungshaus will sich auf Transaktionsberatung und Value-Creation-Dienstleistungen für Investoren und Unternehmen in Sondersituationen spezialisieren.

Das Beratungshaus Cornelius, das Treuhandstrukturen sowie „Shareholding as a Service“ für Anteile an Unternehmen in Krisen- und Sondersituationen anbietet, hat seinen Führungskreis erweitert. Jan David Heinz, Andreas Pres, Richard Scholz und Robert Reifeld sind neu im Kreis der Managing Partner, Florian Dausend kehrt in dieser Funktion nach rund zwei Jahren zurück. Neuer Beirat ist Derik Evertz.

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