Westron will zweite Chance bei Allgaier

Das ist durchaus ungewöhnlich: Der bisherige Eigner eines insolventen Unternehmens will in einem Bieterverfahren selbst erneut als potentieller Investor mitbieten. So ist es aktuell beim Autozulieferer Allgaier zu beobachten. Im Juni mussten die Uhinger (bei Stuttgart) Insolvenz anmelden. Nur drei Monate später verkündeten die Insolvenzverwalter der Gruppe die Eröffnung eines Bieterverfahrens. Bis Anfang 2024 soll der Prozess abgeschlossen sein, teilte der Insolvenzverwalter der Holdinggesellschaft Allgaier Werke GmbH, Fitz Zanker (Pluta), mit. Nun hievt sich ein bekanntes Gesicht zurück aufs Tableau: Die Westron-Gruppe, aktueller Mehrheitseigner von Allgaier, hat angeboten, alle Verbindlichkeiten zu übernehmen, um die baden-württembergische Firma weiterzuführen, sagte Westron-Mitgründer und Allgaier-Aufsichtsratsvorsitzender Fang Cai unlängst der „Stuttgarter Zeitung“. Westron war bei Mitarbeitern und Partnern unbeliebt Doch das angebotene Engagement trifft nicht nur auf Gegenliebe: So merkte schon im Juni Insolvenzverwalter Michael Pluta, der für die Allgaier Automotive GmbH zuständig ist, an, „dass der eigentliche Geschäftsführer nie im Unternehmen war, aber trotzdem die Geschäfte geführt hat“. Das habe bei Mitarbeitern zu sehr großer Verstimmung geführt und sich bei den Lieferanten und Kunden herumgesprochen, weiß FINANCE aus Branchenkreisen. Westron wehrte sich gegen die Vorhaltungen: Geschäftsführer Zhuojun Yang habe für beide Sparten – Automotive und Prozesstechnik – in regelmäßigem Austausch mit je zwei Geschäftsführern vor Ort gestanden. So habe er sich von China aus um die Zahlen kümmern können. Zudem habe Fang Cai 80 Prozent seiner Arbeitszeit in Uhingen verbracht, gab er gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ an. Westron erfüllte angeblich Berichtspflichten nicht Gut ein Jahr vor der Insolvenz hatte der chinesische Investor rund 90 Prozent der in Familienhand Dieter Hundts liegenden Anteile an der Allgaier-Gruppe übernommen. Keine zwölf Monate später war das Unternehmen mit seinen 1.600 Mitarbeitern insolvent. Der chinesische Investor relativiert die Dramatik: Laut Westron habe Allgaier operativ bis zuletzt Überschüsse generiert. Grund für den Sanierungsbedarf seien vielmehr nicht erfüllte Berichtspflichten von Februar und Mai 2023 gegenüber den kreditgebenden Banken gewesen, wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet. Eine Bitte um Stellungnahme dazu ließ Allgaier gegenüber FINANCE unbeantwortet. Allgaier hätte aufgrund seiner Restrukturierung testierfähige Budgets für 2023 und 2024 vorlegen müssen. Doch die Verhandlungen um die nötigen Lieferverträge mit Kunden wie Porsche, BMW, Mercedes oder Audi seien noch nicht abgeschlossen gewesen. Westron hat sich verkalkuliert Die gestiegenen Energiekosten seien Westron zufolge das Problem gewesen, man habe womöglich bei den Autoherstellern zu hohe Zugeständnisse beim Preis eingefordert. Als schließlich die Kredite fällig waren, konnte der Autozulieferer nicht rechtzeitig handeln. „So viel Geld kann auch Westron nicht auf die Schnelle zur Verfügung stellen“, zitiert die „Stuttgarter Zeitung“ Cai. Das soll sich nun ändern: Allgaier sei weiterhin attraktiv für den chinesischen Investor. Westron-Mitgründer und Allgaier-Aufsichtsratsvorsitzender Fang Cai betonte gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ die Qualität der Produkte und Fertigungsfähigkeiten, die für Elektroautos genauso benötigt würden wie für Verbrenner; die geografische Nähe des Hauptwerks zu den hiesigen Autofabriken und nicht zuletzt die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Ziel sei es weiterhin, zwei sanierungsbedürftige Pressenlinien in Uhingen zu renovieren und neue Werke in Osteuropa und China zu errichten. Gleichzeitig solle es keine Stilllegungen geben. „Wir brauchen alle Werke und alle Mitarbeiter. Das unterscheidet uns vielleicht von manchen Mitbietern“, so Cai. Die Zukunft von Allgaier bleibt ungewiss Doch wieso kam es zur Insolvenz, wenn Westron an Allgaier glaubt? Diese Frage dürften sich derzeit auch die Geschäftspartner und Mitarbeiter stellen. Die Kaufabsicht Westrons steht in jedem Falle: Sie wird nach Angaben von Insolvenzverwalter Pluta von der Beratungsgesellschaft Ebner Stolz derzeit geprüft. Gespräche seien bislang aber noch keine geführt worden. Sicher sei auch, dass die Finanzierung bis Ende Januar 2024 gesichert ist, ab September würden die Mitarbeiter aus der Insolvenzmasse bezahlt. Die Kunden von Allgaier würden planmäßig beliefert. Von Personalabbau ist auch keine Rede. Derzeit sind sogar eine ganze Reihe an Stellenausschreibungen für die IT, Buchhaltung sowie Auszubildende auf der Webseite von Allgaier ersichtlich.

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