Newsletter

Abonnements

Präventive Sanierung: So viele StaRUG-Fälle gab es bislang

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Noch gibt es nur wenige StaRUG-Restrukturierungen. Doch das könnte sich bald ändern.
Noch gibt es nur wenige StaRUG-Restrukturierungen. Doch das könnte sich bald ändern. Foto: Markus - stock.adobe.com

Seit Jahresbeginn 2021 können Unternehmen die präventive Sanierung nach dem StaRUG nutzen – doch zur sprudelnden Einnahmequelle für Sanierungsberater scheint sich das Verfahren bislang nicht zu entwickeln. Während Praktiker in den vergangenen Monaten bereits anekdotisch berichteten, dass das Verfahren kaum zu Anwendung komme, ist dies nun auch mit einer ersten Statistik belegt: Der Verlag INDat hat für seinen aktuellen INDat Report die 24 deutschen Restrukturierungsgerichte nach ihren Erfahrungen befragt. Das Ergebnis: Insgesamt sind im vergangenen Jahr 22 Anzeigen für ein Restrukturierungsvorhaben bei den Gerichten eingegangen – und damit im Schnitt weniger als ein Fall je Gerichtsstandort.

Tatsächlich hatten der Statistik zufolge die Gerichte in Niedersachsen, dem Saarland, Schleswig-Holstein, Thüringen und Brandenburg bislang noch gar keine StaRUG-Restrukturierung, insgesamt sind neun der 24 Restrukturierungsgerichte nach einem Jahr noch ohne StaRUG-Fall. Die meiste Erfahrung sammelte das Gericht in Essen, dem fünf Restrukturierungsvorhaben angezeigt wurden.

So endeten die StaRUG- Restrukturierungen

Von den 22 im vergangenen Jahr angestoßenen StaRUG-Vorhaben endeten vier mit einem gerichtlich bestätigten Restrukturierungsplan. Der wohl prominenteste Fall ist der des Hemdenherstellers Eterna, der im August ein StaRUG-Verfahren angekündigt und dieses Mitte September abgeschlossen hat. Als eines der ersten Unternehmen nutzte ein Logistiker aus Norddeutschland die StaRUG-Sanierung. Weitere vier Verfahren waren Ende 2021 noch bei den Gerichten anhängig.

Doch nicht immer beenden Unternehmen ihre Restrukturierung auch unter dem StaRUG-Regime – daher kann die Statistik auch nicht für jedes Verfahren ein Ergebnis liefern. Wenn ein Verfahren nicht mit einem bestätigten Restrukturierungsplan beendet wurde und auch nicht mehr bei Gericht anhängig ist, gilt es als „vorzeitig beendet“, und dafür sind mehrere Gründe denkbar.

So kann der Schuldner das angezeigte Restrukturierungsvorhaben zurückziehen, was bisher in fünf Fällen passiert ist. Auch kann ein Richter das Verfahren beenden, wenn er die Voraussetzungen für eine Sanierung unter dem StaRUG als nicht mehr erfüllt ansieht. So darf ein Unternehmen, das eine StaRUG-Sanierung anstrebt, beispielsweise noch nicht zahlungsunfähig sein. Ändert sich an den Voraussetzungen etwas, könnte das Verfahren etwa als Regelinsolvenz weiter betrieben werden.

Einige Fälle dürften auch damit geendet haben, dass Schuldner und Gläubiger sich außergerichtlich geeinigt haben – auch diese Fälle werden statistisch bei den Gerichten nicht erfasst.

Sanierungsmoderation noch eine Nische

Eine weitere mit dem StaRUG geschaffene Möglichkeit, die Sanierungsmoderation, ist noch deutlich seltener genutzt worden als die präventive Sanierung: Der Moderator soll Sanierungsverhandlungen als neutrale Instanz begleiten und damit gerade in schwierigen Fällen zu einem Ausgleich beitragen. Im Erfolgsfall kommt ein Sanierungsvergleich zustande, der für mehr Sicherheit auch von einem Restrukturierungsgericht bestätigt werden kann.

Bislang wurden bundesweit allerdings gerade einmal fünf Sanierungsmoderationen beantragt, in drei Fällen wurde ein Sanierungsvergleich erzielt und gerichtlich bestätigt.

Brauchen Unternehmen das StaRUG?

Ist das StaRUG angesichts der geringen Fallzahlen überhaupt ein sinnvolles Tool für Restrukturierer? Praktiker finden dies schon – auch, weil das Instrument in einigen Verhandlungssituationen eine indirekte Wirkung entfaltet. „Das StaRUG ist eine gute Ergänzung im Restrukturierungsbaukasten, weil es abschreckend wirkt“, sagte kürzlich Oliver Kehren, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Restrukturierung TMA Deutschland, im Gespräch mit FINANCE. In einer StaRUG-Sanierung sind Mehrheitsentscheidungen möglich – und bevor sie sich überstimmen lassen, kehren manche Gläubiger dann lieber doch noch einmal an den Verhandlungstisch zurück.

Ähnlich sieht das Christoph Thole, Professor am Institut für Verfahrens- und Insolvenzrecht an der Kölner Universität: Allein schon die Möglichkeit, dass Akkordstörer eingefangen werden können, wirke disziplinierend, sagt er: „Das wird zwar hartgesottene Verhandler kaum in jedem Fall zur Einigung bringen, aber es kann doch zumindest atmosphärisch den Einigungsdruck erhöhen. Es gibt also eine Vorwirkung des StaRUG“, erklärt er im INDat Report.

Hinzu kommt: Nicht nur die Zahl der StaRUG-Fälle ist überschaubar, es gibt derzeit auch sehr wenige Insolvenzen. Viele kriselnde Unternehmen haben zuletzt von günstigen Finanzierungskonditionen sowie großzügigen Corona-Hilfen profitiert. Wenn diese auslaufen, dürfte auch die Zahl der Restrukturierungsvorhaben steigen.